Nach der kommunistischen Oktober-Revolution der Bolschewiken unter Lenin von 1917 und dem Bürgerkrieg vereinte die Sowjetunion einen Großteil des früheren russischen Zaren-Reiches wieder. Die starke Zentralmacht und Wirtschaftsführung lag in den Händen der KPdSU. Im Folgenden eine Chronologie der Geschichte der Sowjetunion:

© AP

1924-53 - Josef Stalin - Terrorherrschaft, Industrialisierung forciert, Zwangskollektivierung der Landwirtschaft.

1924 - Erste sowjetische Verfassung.

1928 - Erster staatlicher Fünfjahresplan des Komitees für die Wirtschaftsplanung (Gosplan).

1929 und 1933 - Zwangskollektivierungen führen zu Hungersnöten (Holodomor) mit Millionen Toten.

1936 - Stalin-Verfassung mit umgangenen demokratischen Prinzipien und Menschenrechtsgarantien als bloße Geste gegenüber anti-faschistischem, westlichem Ausland.

1936-38 - "Großer Terror" - Schauprozesse gegen angebliche Verschwörer, Deportation von Minderheiten, mehr als eine Millionen Tote in Arbeitslagern (Gulags).

1939/40 - "Hitler-Stalin-Pakt" mit Geheimprotokoll zur Aufteilung Osteuropas. Besetzung der Interessensphären zu Beginn des Zweiten Weltkriegs - Baltikum und Moldawien kommen zur UdSSR.

1941-45 - Nach Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion "Großer Vaterländischer Krieg" - mit USA und Großbritannien alliiert. Nach Kriegsende Teilung Europas durch den Eisernen Vorhang - Kommunistische Ostblock-Satellitenstaaten entstehen. Die Sowjetunion wird UNO-Vetomacht.

1949 - Gründung des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW/COMECON) der Ostblock-Staaten unter sowjetischer Führung als Gegengewicht zu Marshallplan und OECD (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

1953-64 - Nikita Chruschtschow - "Tauwetter" im Kalten Krieg ("friedliche Koexistenz"), Abrechnung mit der Stalin-Zeit (gegen Personenkult, Amnestierungen, Zensur gelockert).

1955 - Gründung des Warschauer Pakts als östliches Pendant zur NATO unter US-Führung.

Oktober/November 1956 - Niederschlagung des Ungarn-Aufstands.

Oktober 1957 - Erster künstlicher Satellit Sputnik 1.

12. April 1961 - Gagarin erster Mensch im All.

August 1961 - Chruschtschow gibt DDR Zustimmung zur Abriegelung der Berliner Sektorengrenze - Bau der Berliner Mauer gegen Fluchbewegung aus der DDR.

© APA

Oktober 1962 - Kuba-Krise mit den USA rund um die Stationierung mit Atomsprengköpfen bestückbarer, sowjetischer Raketen auf der kommunistischen Karibik-Insel - diplomatische Lösung.

1964 - Demontage Chruschtschows u.a. wegen gescheiterter Wirtschaftsreformen.

1964-82 - Leonid Breschnw - Reformgegner, Re-Stalinisierung der KP, Breschnew-Doktrin: Begrenzte Souveränität für Ostblock-Staaten.

August 1968 - Niederschlagung des Prager Frühlings.

26. Mai 1972 - ABM-Abrüstungsvertrag in Zuge der SALT I-Verhandlungen mit den USA zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen geschlossen, auch Begrenzung von Langstreckenraketen.

1. August 1975 - Nach Teilnahme am blockübergreifenden KSZE-Prozess (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) Helsinki Schlussakte u.a. mit (völkerrechtlich nicht bindenden) Vereinbarungen zu Menschenrechten und wirtschaftlicher Zusammenarbeit unterzeichnet.

18. Juni 1979 - Unterzeichnung der SALT II-Verträge in Wien: Zahlenmäßige Gleichheit bei strategischen Atomwaffen mit USA und weitere Rüstungsbegrenzungen.

1979-89 - Invasion in Afghanistan zur Unterstützung der dortigen Kommunisten.

1980 - Kriegsrecht in Polen zur Niederschlagung der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc. Olympische Spiele in Moskau von vielen westlichen Staaten wegen Afghanistan-Invasion boykottiert.

1982-84 - Juri Andropow

1984/85 - Konstantin Tschernenko - Kurzzeit-Staatschefs machen Überalterung in der KPdSU deutlich.

© AP

1985 - Michail Gorbatschow übernimmt am 11. März als Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU die Macht. Reformprogramm mit wirtschaftlicher und politischer Restrukturierung (Perestroika) und Transparenz gegenüber der Bevölkerung (Glasnost) beginnt. Außenpolitischer Kurs gegenüber den USA und dem Westen der Entspannung und der Abrüstung eingeschlagen - mehrere Gipfeltreffen mit US-Präsidenten Ronald Reagan und George Bush.

1986- Umweltkatastrophe nach Unfall im AKW Tschernobyl.

1988 - Ende der Breschnew-Doktrin verkündet.

1989/90 - Politische Wende in Osteuropa - Fall des Eisernen Vorhangs, Wiedervereinigung Deutschlands. Bergarbeiterstreiks in Sibirien, Abzug aus Afghanistan. Der Machtverlust der KPdSU und der Zerfall der Sowjetunion beginnen.

1990

11. März - Litauen erklärt sich als erste Sowjet-Republik unabhängig.

14. März - Der neue sowjetische Kongress der Volksdeputierten wählt Gorbatschow zum Präsidenten der UdSSR.

1. Mai - Die Sowjetische Staatsführung wird bei der traditionellen Parade auf dem Roten Platz vor dem Kreml in Moskau mit Pfiffen bedacht.

4. Mai - Auch Lettland leitet die Loslösung von der Sowjetunion ein. Das Parlament ruft Unabhängigkeit aus, die nach Übergangsperiode verwirklicht werden soll.

8. Mai - Mit Ausrufung der Estnischen Republik erlischt der Name Estnische Sozialistische Sowjetrepublik. Ähnlich wie in Lettland ist bis zur vollen Unabhängigkeit von Moskau eine Übergangsperiode vorschalten.

© APA

29. Mai - Der als Radikalreformer bezeichnete Volksdeputierte Boris Jelzin, der sich nach einer Karriere in der KPdSU sowohl mit Gorbatschow als auch mit den Konservativen überwarf und im Obersten Sowjet einer erste Oppositionsgruppe angehörte, wird vom russischen Volksdeputiertenkongress zum Präsidenten der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) gewählt.

12. Juni - Der russische Kongress der Volksdeputierten verabschiedet die Souveränität der Russischen Föderation INNERHALB der Sowjetunion - andere SSRs wie Weißrussland oder Tadschikistan folgen diesem Beispiel. Dadurch haben eigene Verfassung und Gesetze Vorrang gegenüber der sowjetischen Verfassung. Gorbatschow will eine erneuerte Union.

Juli 1990 - Auf dem 28. Parteitag der KPdSU wird Gorbatschow von konservativen Kräften kritisiert. Jelzin und andere Radikalreformer verlassen die Partei.

15. Oktober 1990 - Gorbatschow bekommt den Friedensnobelpreis zuerkannt.

1991

13. Jänner - Blutsonntag von Vilnius - 14 Zivilisten sterben bei der Verteidigung von Parlament und Fernsehturm, als Moskau-Treue mit Hilfe des Militärs die Macht an sich reißen wollen. Hunderte werden verletzt. Gorbatschow hatte den Unabhängigkeitsbestrebungen im Baltikum zunächst drohend zugesehen.

20./21. Jänner - Die Sonderpolizei OMON geht gegen die lettische Unabhängigkeit vor und tötet beim Sturm auf das Innenministerium in Riga sechs Menschen.

3. März - Volksabstimmungen in Lettland und Estland bringen große Mehrheiten für die Unabhängigkeit.

17. März - Von mehreren Republiken boykottiertes Referendum in der UdSSR bringt über 70 Prozent für eine erneuerte Union.

9. April - Georgien erklärt sich nach einer Volksabstimmung pro Austritt aus der Sowjetunion unabhängig.

23. April - Gorbatschow und Führer von neun Sowjet-Republiken (Russland, Ukraine, Weißrussland, Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Aserbaidschan) unterzeichnen das 9+1-Abkommen für den Fortbestand der Sowjetunion mit einem neuen Unionsvertrag und einer neuen Unionsverfassung.

27. Juni - Auflösung des RGW.

1. Juli - Auflösung des Warschauer Pakts.

19.-21. August - Dreitägiger Putsch von Hardlinern (Achter-Bande) gegen Gorbatschow kurz vor Unterzeichnung des neuen Unionsvertrages, der die Schwächung Moskaus (Föderation unabhängiger Staaten mit einem Präsidenten, gemeinsamer Außenpolitik und Streitkräften) vorsieht. Der Putsch scheitert an mangelnder Unterstützung in der Armee und am Widerstand der demonstrierenden Bevölkerung von Moskau und Leningrad unter Führung Jelzins. Der begonnene Zerfall der Sowjetunion ist besiegelt.

Ein "Notstandskomitee" unter Vize-Präsident Gennadi Janajew erklärt Gorbatschow für amtsunfähig, hält ihn an seinem Urlaubsort auf der Krim fest und erklärt den Ausnahmezustand. Jelzin verschanzt sich im Weißen Haus der russischen Regierung in Moskau, das Angriffen standhält. Jelzin entmachtet in der Folge Gorbatschow und die Kommunisten.

20. August - Estland ruft die Unabhängigkeit aus, nachdem die Balten-Republiken während des Putsches unter Militärverwaltung gestellt worden waren.

21. August - Lettland erklärt Unabhängigkeit mit sofortiger Wirkung.

23. August - Jelzin untersagt der Kommunistischen Partei per Erlass jegliche Betätigung bis zur Klärung ihrer Rolle im Putsch. Gorbatschow versucht sich mit Neubesetzung der wichtigsten Führungspositionen im Sattel zu halten, zugleich in erniedrigendem "Kreuzverhör" des russischen Parlaments.

24. August - Gorbatschow tritt als Generalsekretär der KPdSU zurück. Die Ukraine erklärt sich unabhängig.

26. August - Ausrufung der Republik Belarus (Weißrussland).

27. August - Moldawien erklärt sich unabhängig. Gorbatschow appelliert vergeblich für Einheit.

29. August - Das sowjetische Parlament untersagt bis auf weiteres die Tätigkeit der KP und friert ihre Bankkonten ein.

30. August - Aserbaidschan erklärt sich unabhängig.

31. August - Usbekistan und Kirgistan erklären sich unabhängig.

5. September - Der Kongress der Volksdeputierten beschließt das Ende der Sowjetunion und verabschiedet ein Gesetz über die Umwandlung der zentralisierten Sowjetunion in eine Gemeinschaft unabhängiger Republiken.

6. September - Die Sowjetunion erkennt die Unabhängigkeit von Estland, Lettland und Litauen an.

9. September - Tadschikistan erklärt sich unabhängig.

21. September - Armenien erklärt sich unabhängig.

27. Oktober - Turkmenistan erklärt sich unabhängig.

6. November - Jelzin verfügt das Verbot der KPdSU in Russland.

16. November - Jelzin erlässt zehn Verordnungen, mit denen Russland die Kontrolle über die Währung, den Handel mit Öl, Gold und Diamanten sowie den Devisenhandel übernimmt.

25. November - Die Unterzeichnung des Unionsvertrages durch sieben Republiken kommt nicht zustande.

1. Dezember - Ja zu Unabhängigkeit bei Referendum in der Ukraine.

8. Dezember - Russland, die Ukraine und Weißrussland einigen sich auf die Gründung einer Gemeinschaft Unabhängiger Republiken und erklären die Sowjetunion für nicht mehr existent.

16. Dezember - Kasachstan erklärt sich unabhängig.

21. Dezember - Elf anwesende Sowjetrepubliken beschließen in Alma-Ata die Auflösung der Sowjetunion. Gorbatschow wird abgesetzt. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) wird durch Russland, Weißrussland und Ukraine gegründet. Ihr treten später außer den baltischen Staaten alle bisherigen SSRs bei.

25. Dezember - Gorbatschow tritt als sowjetischer Präsident zurück. Russland übernimmt den UNO-Sitz der Sowjetunion.

31. Dezember - Die Auflösung der Sowjetunion und ihrer Institutionen tritt in Kraft, Jelzin wird damit zum ersten Präsidenten des unabhängigen Russland.