Ein verdächtiger Koffer in Namibia hat am Donnerstag klargemacht, dass der Terrorismus von überall her zuschlagen kann. Nur einen Tag nach der eindringlichsten Terrorwarnung, die die deutsche Regierung bisher herausgegeben hat, war in der namibischen Hauptstadt Windhoek ein Gepäckstück bei den Sicherheitskontrollen vor Verladung in eine Maschine der Fluggesellschaft Air Berlin aufgefallen.

Bei der gefundenen Vorrichtung aus einem Zündmechanismus und Batterien handelte es sich zwar laut dem deutschen Fernsehsender ZDF um eine Attrappe, die dazu diente, die Aufmerksamkeit der Gepäckkontrolle zu testen. Für den deutschen Innenminister Thomas de Maizière war aber eine Feststellung besonders wichtig: "Die Kontrollen haben jedenfalls funktioniert."

Vorratsdatenspeicherung

Die neue Bedrohungslage hat die Diskussion wieder darüber angeheizt, ob den Sicherheitsbehörden in Deutschland genügend Mittel zur Verfügung stehen, um Terrorismus optimal zu bekämpfen. Auf einer - seit Längerem geplanten - Innenministerkonferenz in Hamburg, bei der de Maizière mit seinen Kollegen aus den Bundesländern zusammentraf, mahnte er zur Besonnenheit. Es sei nicht der Zeitpunkt für verschärfte Gesetze, schließlich zeigten die aktuellen Entwicklungen, dass die Kontrollen wirkten.

Konkret fordern insbesondere Politiker der Union die Vorratsdatenspeicherung, bei der auf breiter Ebene Telefon- und Internetdaten erfasst werden sollen. Das Bundesverfassungsgericht hatte dies jedoch erst vor wenigen Monaten untersagt. De Maizière wird in seiner Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger unterstützt.

Von der Diskussion nicht betroffen sind die direkt nach de Maizières Warnung ergriffenen verschärften Sicherheitsmaßnahmen und die größere Polizeipräsenz an Flughäfen und Bahnhöfen. Sie werden nach dem Willen der Innenminister zunächst weitergeführt. Berlins Innensenator Ehrhart Körting rief die Bevölkerung zu besonderer Wachsamkeit auf. Die Lage sei "brisanter als vor der Bundestagswahl 2009".

Kontakt mit Wien

Die österreichischen Behörden haben noch am Dienstag unmittelbar nach Bekanntgabe der Terrordrohung Kontakt mit den deutschen Behörden aufgenommen. Den Österreichern ist aber versichert worden, so der Sprecher des Innenministeriums Rudolf Gollia zur Kleinen Zeitung, dass es "keinen Österreich-Bezug" gebe. Auch die Verfassungsschützer verfügten über "keine Erkenntnisse, dass sich die Gefährdungslage verändert" habe. Seit dem 11. September bestehe in ganz Europa eine "latente Terrorbedrohung", so Gollia. Der Christkindlmarkt vor dem Wiener Rathaus etwa wird demnach nicht speziell bewacht.

In österreichischen Sicherheitskreisen ist hinter vorgehaltener Hand zu erfahren, dass die Terrorwarnung durch de Maizière in indirektem Zusammenhang mit dem vereitelten Briefbombenanschlag auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel vor zwei Wochen stehe.

De Maizière sei damals vom Kanzleramt eine "Kopfwäsche" verpasst worden, weil man nicht rechtzeitig über die Gefährdungslage informiert worden sei. Deshalb habe das Innenministerium in Berlin diesmal "sehr offensiv" auf die Bedrohungslage reagiert.

Zu den aktuellen Drohungen heißt es unter Sicherheitsexperten: "Wären die Deutschen im Besitz von sehr konkreten Hinweisen, hätten sie alles unternommen, um die Drahtzieher und die Täter dingfest zu machen. Das Letzte, was man in so einer Situation macht, ist die Abhaltung einer Pressekonferenz." Öffentlich reagiere man nur dann, wenn man im Besitz von vagen Hinweisen sei und potenzielle Täter abschrecken will.