Frankreichs Staatschef steht mit dem Rücken zur Wand. Im ganzen Land flammt Protest auf. Ein Flächenbrand droht. Doch wenn Nicolas Sarkozy zurückweicht, hat dies für Frankreich wie für ihn verheerende Folgen. Das Land braucht die Rentenreform und die Heraufsetzung der Lebensarbeitszeit, weil die Pensionskassen jährlich 32 Milliarden Euro minus machen und bereits jede zweite Rente auf Pump finanzieren.

Hinzu kommt, dass Rating-Agenturen die angekündigte Sanierung mit Argusaugen verfolgen und drohen, im Fall des Misslingens die Kreditwürdigkeit des Landes herabzustufen. Was dies bedeutet, hat das Beispiel Griechenlands gezeigt.

Sarkozy wiederum braucht die Reform, weil er ohne sie im Präsidentschaftswahlkampf 2012 als der große Verlierer an den Start ginge. Wiederholt hat der Staatschef die Sanierung der Rentenkassen als wichtigstes Vorhaben der Legislaturperiode ausgewiesen. Wenn es misslingt, wie soll er dann noch erhobenen Hauptes vor den Wähler treten? So hat er versucht, wenigstens der Treibstoffknappheit abzuhelfen und Zufahrtsstraßen zu blockierten Depots räumen lassen - was die Fronten freilich noch verhärtet hat. Theoretisch könnte der Präsident zwar auch den Kompromiss suchen. Aber eben nur theoretisch.

Angesichts der aufgeheizten Stimmung würde ein solches Signal die Reformgegner nur ermutigen, aufs Ganze zu gehen. Dem Staatschef bleibt allein die Hoffnung, dass die für heute geplante Verabschiedung der Reform im Senat dem Gegner den Wind aus den Segeln nimmt. Sind erst einmal vollendete Tatsachen geschaffen, werden die sich so revolutionär gebärdenden Reformgegner irgendwann schon resignieren, mag sich Sarkozy sagen. Sicher ist das aber nicht.

Staatschef Jacques Chirac und dessen Premier Dominique de Villepin mussten 2006 eine bereits über sämtliche parlamentarische Hürden gehievte Reform unter dem Druck der Straße wieder zurücknehmen. Die bereits verabschiedete Einschränkung des Kündigungsschutzes für Berufsanfänger wurde damals unter dem Hohngelächter der Reformgegner in einem neuen Gesetz für unanwendbar erklärt. Chirac war auch nicht sonderlich populär. Aber so unbeliebt wie sein auf 26 Prozent Zustimmung abgerutschter Nachfolger war er nicht.

Sarkozy muss sich anders als Chirac auch den Vorwurf gefallen lassen, mit den Reichen zu kollaborieren, während er dem kleinen Mann Opfer abverlangt. Gut möglich, dass das Volk am Freitag erst recht auf die Barrikaden geht.

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