Manche im ÖGB stellen bereits die Koalition infrage. Ist die Regierung in Gefahr?

JOCHEN DANNINGER: Ich bin sehr verwundert über die Aussagen führender Gewerkschafter, die Sand ins Getriebe der Koalition streuen. Sie saßen während der Regierungsverhandlungen mit am Tisch und haben dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Es kann nicht sein, dass wir wenige Monate nach der Regierungsbildung Dinge debattieren, die wir in den Verhandlungen hinreichend ausdiskutiert und abgehakt haben.

Sie meinen Vermögenssteuern?

DANNINGER: Im Koalitionsvertrag werden mit keinem Wort Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern erwähnt. Das Thema ist erledigt. Wer der Regierung Vermögenssteuern aufoktroyieren will, stellt die Pakttreue und die Paktfähigkeit aufs Spiel.

Heißt es, dass auch der Kanzler, der Vermögenssteuern fordert, nicht paktfähig ist?

DANNINGER: Kernaufgabe des Kanzlers sollte die Umsetzung des Koalitionsvertrags sein. Auf keiner der 112 Seiten findet sich was über Vermögenssteuern. Faymann sollte jene Genossen in die Schranken weisen, die Forderungen aufstellen, die sich SPÖ und ÖVP nicht zum Ziel gesetzt haben. Der ÖGB stellt das Koalitionsabkommen infrage. Der Kanzler sollte ein Machtwort sprechen.

Gibt es am Ende nicht einen Kompromiss mit neuen Steuern?

DANNINGER: Mit der ÖVP wird es Steuern auf Eigentum sicherlich nicht geben. Aus gutem Grund: Wir haben uns über Jahre hinweg bei der Konjunktur im Gleichklang mit Deutschland bewegt. Derzeit ist eine Abkoppelung zu beobachten. Das ist fatal, weil wir wichtige Wachstumsimpulse benötigen. Wegen der Debatte über Vermögenssteuern wartet die Wirtschaft ab und nimmt kein Geld in die Hand. Wir sollten das Vertrauen stärken und nicht über neue Belastungen reden.

Ist das nicht eine zu einfache Erklärung?

DANNINGER: Die Unternehmer schauen genau, was diskutiert wird. 80 Prozent der letzten Vermögenssteuern wurden von den Unternehmen bezahlt. Die Betriebe zögern mit Investitionen. Das ist kontraproduktiv, denn Spielräume für eine Steuerreform schaffen wir nur, wenn die Wirtschaft wieder anzieht. Deswegen braucht es eine Entbürokratisierung, Minister Mitterlehner wird dazu ein Paket vorlegen.

Wann gibt es die Spielräume für eine Steuerreform?

DANNINGER: Das ist der Grund, warum der Finanzminister derzeit den Budgetvollzug der Ministerien prüft. Insbesondere wegen der Hypo müssen wir jeden Euro umdrehen. Spielräume schaffen wir nur, wenn wir die Kostentreiber, Frühpensionen, Förderungen, Verwaltung, in den Griff bekommen. Was bringt es uns, wenn wir eine große Steuerreform versprechen, aber das Volumen nicht haben? Mit neuen Steuern sicher nicht.

Besteht die Gefahr, dass die Koalition baden geht?

DANNINGER: Ich halte nichts von Drohgebärden. Lieber sollte man die richtigen Schlüsse aus dem Wahlergebnis ziehen. Wir haben die gelbe Karte bekommen, weil es davor dauernd Streit gab. Kraft seines Amtes sollte der Kanzler schauen, dass der Koalitionsvertrag umgesetzt wird. Das ist wichtiger als eine virtuelle Debatte über eine Richtlinienkompetenz.