GENF. Bei der rechtsnationalen Schweizerischen Volkspartei (SVP) dürfte die jüngste Einwanderungsstatistik Alarm auslösen: Die Schweiz mit ihren acht Millionen Einwohnern zieht laut Bundesamt für Migration immer mehr Ausländer an. Die Zahl der Fremden steigt - trotz des Erfolges der SVP-Initiative gegen die Migration im Februar.

Diesen März wanderten fast 13.000 Menschen in das Nicht-EU-Mitgliedsland ein. Das sind rund 20 Prozent mehr als ein Jahr davor. Damals kamen rund 10.500 Menschen an. Insgesamt stieg die Zahl der Ausländer von 1,8 Millionen im März 2013 auf 1,9 Millionen im März 2014. "Der Zuwachs findet zum größten Teil aus europäischen Staaten statt", heißt es im Bericht. Konkret: Es sind Menschen aus der EU, mit der die Schweiz durch ein Freizügigkeitsabkommen verbunden ist.

Vor knapp vier Monaten jubelte das rechtsbürgerliche Lager: Eine hauchdünne Mehrheit hatte die SVP-Initiative gegen die "Masseneinwanderung" an der Urne gutgeheißen. Seitdem steht in Helvetiens Verfassung: Der Zuzug von Ausländern wird durch "jährliche Höchstzahlen und Kontingente" begrenzt. Der neue Artikel sollte vor allem den Zuzug von Bürgern aus der EU drosseln. Der Anführer der SVP, der Milliardär Christoph Blocher, drohte: Er werde "peinlichst darauf achten", dass die Regierung "den Auftrag" der Stimmbürger zügig erfüllt. Doch getan hat sich seitdem sehr wenig. Die Regierung schiebt das knifflige Problem vor sich her. Letztlich wird auch noch das Volk ein Umsetzungs-Gesetz absegnen müssen. Bis 2017 haben die Schweizer Zeit. Solange werden Helvetiens Grenzen für Einwanderer aus fast allen EU-Staaten offen stehen. Viele Europäer dürften die Chance zur Migration in das wirtschaftlich brummende Land nutzen. Der Vorsitzende der Freisinnigen, Philipp Müller, taufte die Initiative gegen Masseneinwanderung schon in "Masseneinwanderungs-Förderungsinitiative" um. Falls die Schweizer den Vertrag zur Freizügigkeit einseitig kündigen, wird Brüssel wohl gleich mehrere Verträge mit Bern kippen. Der wirtschaftliche Schaden für die Eidgenossen wäre viel größer als der Schaden für die Europäer. JAN DIRK HERBERMANN