Harald Vilimsky, Sie führen die EU-kritische FPÖ in die Wahl. Nennen Sie uns bitte drei positive Seiten der Europäischen Union.

VILIMSKY: Erstens der Friede auf unserem Kontinent - aber für den ist die Europäische Union nicht ursächlich. Der zweite Punkt ist der Wunsch nach wechselseitiger Kooperation, wenngleich dabei aus meiner Sicht zu viel an Zentralismus im Spiel ist. Das Dritte ist eine gemeinsame Position gegenüber der Weltöffentlichkeit in geopolitischen Fragen. Dazu ist die EU derzeit aber nicht wirklich in der Lage.

Das ist doch ein gutes Argument gegen eine stärkere Renationalisierung Europas, wie sie die FPÖ fordert.

VILIMSKY: Wieso? Überhaupt nicht. Die Europäische Gemeinschaft, wie sie einmal war, hat gut funktioniert. Auch die nationalen Währungen haben funktioniert, im Bereich der Hartwährungen und im Weichwährungsbereich. Wenn die Schulden aus dem Ruder gelaufen sind, hat man abgewertet. Darüber mag man denken, wie man will, aber das war für Länder wie Italien, Griechenland, Spanien und Portugal ein funktionierendes Modell. Sie waren gute, billige Urlaubsorte und die Menschen dort haben gut leben können.

Für die Exportindustrie war das System nicht so gut

VILIMSKY: Das ist eine Unterstellung. Sie müssen doch nicht alles nach industriepolitischen Gesichtspunkten bewerten. Die Kaufkraft in der Bevölkerung hat seither rapide abgenommen. Für die Industrie mag es von Nachteil gewesen sein, aber ich bin nicht da, um Industrieinteressen zu vertreten.

Es geht auch um Arbeitsplätze. Wollen Sie eigentlich zurück zum Schilling?

VILIMSKY: Nein. Wenn es gelingt, den Euro zu stabilisieren, bleiben wir beim Euro. Wenn es nicht gelingt, sind wir gut beraten, über Plan B und C nachzudenken.

Das wäre?

VILIMSKY: Die Teilung der Eurozone in zwei kompatible Wirtschaftszonen. Als ultima ratio, wenn auch das ohne Erfolg bleiben sollte, muss man emotionslos auch die Rückkehr zu nationalen Währungen andenken.

Sie kritisieren den Zentralismus der EU. Österreichs Regierung aber war bei jeder Entscheidung der viel kritisierten Zentrale dabei.

VILIMSKY: Da haben Sie recht, die Österreicher sind immer dabei und sagen zu allem Ja und Amen. Wir wollen europäische Kooperation aber nur dort, wo es sinnvoll ist, aber nicht Vereinigte Staaten von Europa nach US-amerikanischem Vorbild, wenn es die Menschen nicht wollen. Vielleicht ist irgendwann - in ferner Zukunft - die Zeit dafür reif. Derzeit mit Sicherheit nicht.

Was würden Sie gleich abschaffen, hätten Sie die Macht dazu?

VILIMSKY: Harald Vilimsky als Regent der Europäischen Union? Das gefällt mir. Zuerst würde ich die Zentralisierungsverträge von Lissabon bis Maastricht rückabwickeln.

Zurück in die achtziger Jahre?

VILIMSKY: Ich orte da einen negativen Beigeschmack in ihrer Formulierung. Ich meine eine europäische Gemeinschaft souveräner Staaten, die auf Augenhöhe miteinander kooperieren.

Was würden Sie noch tun?

VILIMSKY: Ich würde das europäische Parlament halbieren und seine Aufgaben auf Kooperationsfelder beschränken, die nicht die Souveränität der einzelnen Mitgliedsländer konterkarieren.

Welche wären das?

VILIMSKY: Der Bereich Wissenschaft zum Beispiel. Und drittens würde ich gerne die Freizügigkeiten innerhalb der Europäischen Union neu definieren. Ich glaube, Arbeitnehmerfreizügigkeit funktioniert nicht, solange das Einkommensniveau der einzelnen Mitgliedsländer so radikal auseinanderklafft wie jetzt.

Würden Sie Grenzkontrollen wieder einführen?

VILIMSKY: Arbeitnehmerfreizügigkeit und Schengen sind zwei paar Schuhe. Ich würde die Arbeitnehmerfreizügigkeit so lange aussetzen, bis die Volkswirtschaften einigermaßen angeglichen sind.

Und die offenen Grenzen?

VILIMSKY: Ich würde in Österreich direkte Demokratie zulassen und die Frage stellen, ob weiterhin offene Grenzen zulässig sein sollen mit allen Auswirkungen, die damit verbunden sind, insbesondere auch Kriminalität und Asylmissbrauch.

Ein Grenzkontrollreferendum?

VILIMSKY: In einer ersten Phase eine Volksbefragung: wollt ihr offene Grenzen oder seid ihr bereit, gegebenenfalls auch wieder zwanzig Minuten zu warten gegen die Garantie, dass die Kriminalität nicht diese katastrophale Entwicklung nehmen kann wie zur Zeit.

Den Beitritt von Bulgarien und Rumänien hat aber der FP-Minister Gorbach mit unterzeichnet.

VILIMSKY: Man ist damals davon ausgegangen, dass sich die Einkommensniveaus in diesen Ländern viel besser entwickeln würden. Ein Politiker ist nun einmal dazu da, auf die veränderten Rahmenbedingungen einzugehen. In einem Szenario absoluter Rekordarbeitslosigkeit den Arbeitsmarkt offen zu halten, funktioniert nicht.

Hat ihr Vorgänger als freiheitlicher Spitzenkandidat, Andreas Mölzer, ihre sprachliche Schmerzgrenze überschritten?

VILIMSKY: Er ist ein provozierender Publizist und hat sich für seine Äußerungen entschuldigt. Ich bin Politiker und respektiere auch die Interessenslagen anderer. Zum Beispiel habe ich zur Kenntnis genommen, dass Eskimos nicht als Eskimos bezeichnet werden wollen. Wenn sie damit eine Kränkung ihrer Bevölkerung in Verbindung bringen, habe ich kein Problem damit, sie als Inuit zu bezeichnen.

Was ist Herr Alaba für sie?

VILIMSKY: Ein super Fußballer

Österreicher?

VILIMSKY: Ja selbstverständlich

Ein echter Österreicher?

VILIMSKY: Ja selbstverständlich.

Was ist Ihr Wahlziel? Platz eins?

VILIMSKY: Die Verdoppelung der Mandate von zwei auf vier. Wenn es gelingt, unzufriedene zur Wahlurne zu motivieren, dann ist der Wettstreit um Platz eins für uns intakt.