Der mit der Regierungsbildung beauftragte Matteo Renzi würde am liebsten in wenigen Tagen bereits sein neues Kabinett vorstellen. Der designierte Ministerpräsident muss zuvor jedoch in den Machtzentralen am Tiber langwierigen Verhandlungen hinter sich bringen.

Der selbstbewusste und von Tatendrang getriebene Renzi hat am Dienstag politische Konsultationen mit den Parteien für eine Regierung gestartet, die mit einem ehrgeizigen Programm wirtschaftlicher und politischer Reformen bis Ende der Legislaturperiode 2018 im Sattel bleiben und konkrete Antworten auf das in einem Zustand der Dauerkrise steckende Italien geben soll. Renzi steht keine einfache Aufgabe bevor. Seine schwierigste Hürde ist jetzt, die Mitte-rechts-Partei NDC (Neue Rechte Mitte) um den scheidenden Innenminister Angelino Alfano für sein sozialdemokratisch inspiriertes Programm zu gewinnen.

NDC will mitbestimmen

Renzi setzt alles aufs Spiel. Ohne die Unterstützung von Alfanos Partei kann die Regierung nicht starten. Die erst im Dezember aus einer Spaltung von der Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi entstandene Gruppierung steht einer Zusammenarbeit zwar grundsätzlich positiv gegenüber, doch Alfano will das Regierungsprogramm im Detail mitbestimmen. Der NDC-Chef, der lange als Ziehsohn Berlusconis galt, bevor er sich von ihm lossagte, macht eine Koalition davon abhängig, dass die Regierung nicht zu weit nach links rückt. Auch Alfanos eigene künftige Rolle im neuen Kabinett ist ein Verhandlungsthema. Kommt es zur Koalition, will der Sizilianer Innenminister bleiben.

Alfano beansprucht insgesamt drei Ministerposten und die Zusicherung, dass Renzi auf die Ausweitung des Kabinetts auf die Sozialisten von Linke, Ökologie, Freiheit (SEL) verzichtet, sowie auf eine Annäherungen an die Forza Italia, die Renzi aber für Verfassungsänderungen und die dafür nötige Zweidrittelmehrheit in beiden Parlamentskammern braucht. Berlusconi selbst hatte bei politischen Konsultationen mit Präsident Giorgio Napolitano am Wochenende versichert, dass er eine "verantwortungsbewusste Opposition" zur Regierungspolitik Renzis machen werde und für Verhandlungen über für das Land wichtige Reformen offen sei.

Zugeständnisse

Renzi muss auch den kleinen Zentrumsparteien Konzessionen machen, die sein Kabinett unterstützen wollen. Zu ihnen zählt die von Ex-Premier Mario Monti 2013 gegründete Gruppierung Scelta Civica und die aus einer Spaltung in dieser Partei entstandenen Popolari per l'Italia. Beide beanspruchen zumindest einen Ministerposten.

Dabei hat Renzi selbst prominente Namen aus der Wirtschaft und Politik im Kopf, die er gern in sein Team holen will, wie beispielsweise den Geschäftsführer der italienischen Staatsbahnen Mauro Moretti, der als möglicher Industrieminister gehandelt wird. Als Wirtschaftsminister kommt der ehemalige Rektor der Mailänder Eliteuniversität Bocconi, Guido Tabellini infrage. Eine weitere Kandidatin ist die Ökonomin Lucia Reichlin, die laut Medienangaben mit der Unterstützung des aus Italien stammenden EZB-Präsidenten Mario Draghi rechnen kann.

Nach jüngsten Umfragen meinen 52 Prozent der Italiener, Renzi werde es schaffen, die nötigen Reformen umzusetzen. 64 Prozent kritisieren jedoch, dass nun nach jener Mario Montis und Enrico Lettas ein drittes Mal eine Regierung eingesetzt wird, die nicht nach einer Wahl gebildet wird. Immerhin aber wurde erst Anfang 2013 das jetzige Parlament gewählt, und die weitaus meisten Regierungen in Italien seit dem Krieg gingen nicht direkt aus Wahlen hervor.