Die kroatische Mitte-Links-Regierung scheint den Gegnern von Aufschriften in lateinischer und kyrillischer Schrift, beziehungsweise in kroatischer und serbischer Sprache in Vukovar machtlos gegenüber zu stehen. Nachdem vergangene Woche in Vukovar erneut Amtstafeln gewaltsam entfernt wurden und die Organisatoren von Protesten einen Gesprächstermin mit dem Premier verstreichen ließen, verselbstständigten sich nationalistische Aktionen gegen die serbische Minderheit in Kroatien.

So häuften sich in anderen Städten Fälle, bei denen anti-serbische Parolen geschmiert und kyrillische Tafeln von Ämtern und Institutionen entfernt wurden. Auch in der Gemeinde Udbina, die von der rechtskonservativen HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) und der Serbenpartei SDSS regiert wird, wurden zweisprachige Schilder entfernt. Die HDZ gab der Regierung die Schuld an der "Eskalation der Lage". HDZ-Chef Tomislav Karamarko hatte sich als entschiedener Gegner von kyrillischen Tafeln in Vukovar positioniert, obwohl seine Partei sowohl in der Verfassung als auch im Statut der Stadt Vukovar das Minderheitengesetz implementiert hatte. Er warf der Regierung vor, Vukovar, "das im Krieg (1991-95, Anm.) massakriert wurde, erneut zu massakrieren". Vukovar wird von Sozialdemokraten regiert.

Zweisprachigkeit muss laut der Verfassung eingeführt werden, wenn ein Drittel der Ortsbevölkerung einer Minderheit angehört. In Vukovar leben laut Volkszählung (2011) mehr als ein Drittel Serben. Die Regierung ließ Anfang September an Amtsgebäuden zweisprachige Schilder anbringen, wogegen einige Hundert Menschen protestierten und die Tafeln entfernten. Das Kommando über die Demonstrationen übernahm der "Rat zur Verteidigung eines kroatischen Vukovar", der schon im Winter in Vukovar und Zagreb Proteste gegen Kyrillisch organisiert hatte.

Kroatiens Premier Zoran Milanovic gab sich bisher unnachgiebig. "Gesetz ist Gesetz", sagte er wiederholt zum Thema. Tomislav Josic, Anführer des "Rats", verweigerte bereits zwei Mal den Dialog mit der Regierung und gab ihr nun vergangene Woche eine Frist von 14 Tagen, die Amtsschilder selbst zu entfernen, weil sie in Vukovar "ansonsten nicht die Tafeln, sondern Fassaden einsammeln" werde. Die Putschstimmung, die vom "Rat" ausgeht, versetzte Zagreb offenbar in Unruhe. Veteranenminister Predrag Matic, selbst Veteran und aus Vukovar stammend, sagte, dass der "Rat" eine gesellschaftliche Krise auslösen wolle, um auf undemokratische Weise an die Macht zu gelangen.

Die regierenden Sozialdemokraten und Kommentatoren sehen in den Aktionen des "Rats" und ihres Anführers Josic die Handschrift der HDZ vor einem Jahrzehnt. Als die Sozialdemokraten 2000 bis 2003 an der Macht waren, hatte die HDZ ebenfalls die Veteranen instrumentalisiert. Diese hatten Massenproteste gegen die Auslieferung von Generälen an das Haager Kriegsverbrechertribunal organisiert und damit die Regierung zu Fall gebracht. Die HDZ, die danach an die Macht kam, kooperierte schließlich vorbehaltlos mit dem Haager Gericht.

In Vukovar wurden Ende der Vorwoche wieder zweisprachige Schilder an Amtsgebäuden angebracht, die Polizei verstärkte die Überwachung.