Operation letzte Hoffnung" wäre ein geeigneter Name für das, was in diesen Stunden in den politischen Hinterzimmern Roms geschieht. Es wird verhandelt, taktiert, gepokert. Die Akteure sind dabei nicht mehr Ministerpräsident Enrico Letta und Ex-Premier Silvio Berlusconi. Sie haben mit heftigen gegenseitigen Anschuldigungen am Wochenende den Bruch ihrer Koalition de facto besiegelt.

Nun kommt es auf die "Verräter" an, wie man sie in der Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" (PdL) nennt. Es sind die Parlamentarier, die sich nur mehr unter Bauchschmerzen zu ihrem Chef bekannten, aber dessen jüngste Provokation, den Abzug der Minister aus der Regierung, nicht mehr mittragen wollen.

Die Unzufriedenen, manche sprechen von einem Dutzend Senatoren, andere von doppelt so viel und mehr, könnten das Zünglein an der Waage bilden, wenn Letta morgen die Vertrauensfrage im Parlament stellt. Das Szenario, das am häufigsten durchgespielt wird, ist das einer Neuauflage der von Letta geführten Großen Koalition - mit den Überläufern, auch aus der 5-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo.

Berlusconi hatte am Samstagabend die fünf Minister seiner Partei zum Rücktritt aufgefordert. Er setzt ganz auf Neuwahlen. Zwar folgten die Minister allesamt brav. Gestern gingen aber drei der fünf auf Distanz. Sie kündigten an, sich der neuen, in "Forza Italia" rückbenannten Partei Berlusconis nicht anzuschließen.

Der hatte die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Vorwand genommen, seine Minister abzuziehen. Ungewöhnlich hart ging der moderate Letta darauf mit dem Mailänder Medienzaren ins Gericht. Die jüngste Eskalation sei eine "wahnsinnige Geste" Berlusconis, der nur seine persönlichen Ziele verfolge.

Seit der Verurteilung Berlusconis Anfang August wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft hatte sich die Krise in Rom zugespitzt. Abgeordnete der Berlusconi-Partei drohten mit dem Ende der Regierung, sollte ihr Patron aus dem Senat ausgeschlossen werden. Der Koalitionspartner, die linksbürgerliche "Demokratische Partei" (PD), ging nicht darauf ein.

Letta beriet am Sonntag mit dem Staatspräsidenten Giorgio Napolitano das weitere Vorgehen. Der 88-Jährige wünscht keine Neuwahlen, sondern will eine Neuauflage der Regierung. Diese könnte bis 15. Oktober das Budget besiegeln und das umstrittene Wahlgesetz erneuern.

Die jüngste Eskalation kommt zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Internationale Rating-Agenturen hatten Italiens Kreditwürdigkeit zuletzt nur noch zwei Stufen über Ramsch-Niveau eingeordnet. Das Land läuft Gefahr, gegen die Verschuldungsauflagen der EU zu verstoßen.