Die neue Regierung unter dem Sozialdemokraten Enrico Letta steht im Zeichen Silvio Berlusconis. Der Medienzar, dessen Mitte-rechts-Allianz bei den Parlamentswahlen vor zwei Monaten unerwartet gut abgeschnitten hatte, wird im neuen Kabinett das Sagen haben, zu dessen Aufbau der TV-Tycoon mit seiner politischen Wendigkeit auf entscheidende Weise beigetragen hat. Dank der Großen Koalition, auf die sich die Regierung Letta stützen muss, rückt der Medienzar erneut zum zentralen Akteur der italienischen Politik auf, denn als zweitstärkster "Aktionär" der Koalition wird Berlusconi in Rom weiterhin das Sagen haben.

Berlusconis "rechte Hand" als Vizepremier

Einen wichtigen Etappensieg feierte Berlusconi bereits mit der Ernennung seiner "rechten Hand" Angelino Alfano zum neuen Innenminister und Vizepremier. Der Vorsitzende von Berlusconis Partei "Volk der Freiheit" (PdL) wird eng mit Premier Letta zusammenarbeiten. "Berlusconi hat sich mit dieser Regierung die Straffreiheit gesichert", kommentierte Berlusconis Erzfeind, der Ex-Staatsanwalt und Mitte-links-Politiker Antonio Di Pietro. Zur Truppe des Medienzaren im neuen Kabinett gehören der langjährige PdL-Parlamentarier Gaetano Quagliarello, der zum neuen Minister für institutionelle Reformen aufrückt. Er wird in dieser Funktion bei den Verhandlungen über die politischen und wirtschaften Reformen, auf die Berlusconi schon seit Jahren drängt, eine entscheidende Rolle spielen.

Im neuen Parlament kann Berlusconi auch mit der Unterstützung von zwei jungen Ministerinnen , Beatrice Lorenzin und Nunzia Di Girolamo, rechnen. Diese hatten den TV-König wegen seiner Verwicklung in Sex- Skandale immer wieder vor der Kritik aus Frauenverbänden in Schutz genommen. Die 42-jährige Lorenzin avanciert zur Gesundheitsministerin, die 37-jährige Di Girolamo, seit 2008 im Parlament, übernimmt das Landwirtschaftsministerium. Zur Berlusconi-Truppe im neuen Kabinett gehört auch Infrastukturminister Maurizio Lupi.

Nur ein Rückschlag

Bei den Regierungsverhandlungen erzielte Berlusconi weitere Erfolge. So wurden unter seinem Druck Schwergewichte des Linkslagers wie die Ex-Premiers Massimo D'Alema und Giuliano Amato aus dem Regierungsteam ausgeschlossen. Auch der zurückgetretene PD-Chef Pierluigi Bersani konnte nicht in das Kabinett einsteigen. Einzige Enttäuschung: Berlusconi konnte das für ihn wichtige Justizministerium für seine Vertrauensleute nicht beanspruchen. Dort wird künftig die langjährige Polizeichefin Anna Maria Cancellieri, scheidende Innenministerin in der Regierung Monti, herrschen.

Letta, der mit seinen 46 Jahren als Youngster in Italiens Alltherrenpolitik gilt, wird auf all sein bekanntes Vermittlungsgeschick zurückgreifen müssen, um sich mit dem exzentrischen Berlusconi über ein gemeinsames Programm zu einigen. Die Sorge in seiner Demokratischen Partei, in der der "Pakt mit dem Teufel Berlusconi" für enormes Unbehagen sorgt, ist groß.

An Streitpunkten mangelt es nicht. So drängt Berlusconi auf die Abschaffung der umstrittenen Immobiliensteuer IMU, wie er es im Wahlkampf versprochen hatte. Außerdem verlangt er eine Lockerung der strengen Spar-und Steuerpolitik seines Nachfolgers Mario Monti, die seiner Ansicht nach Italien in die Rezession getrieben haben. Auch die Einführung eines Präsidialsystems nach französischem Muster und die Ausdehnung der Kompetenzen des Premiers sind heikle Hauptanliegen Berlusconis, mit denen sich Letta auseinandersetzen muss, will er sich politisch über Wasser halten.