I n Österreich geht die Angst um, dass mit dem automatischen Informationsaustausch das Bankgeheimnis fällt und der Staat dem Sparer nachspioniert. Ist die Angst berechtigt?

JEAN ASSELBORN: Nein. Niemand muss Angst haben, kein Sparer, der in Österreich wohnt und lebt. Ich verstehe die Sorgen. Wenn man Bankgeheimnis hört, denkt man an sein eigenes Geld, das man ein Leben lang gespart hat, das der Großvater hart erarbeitet hat. Es geht um was anderes: Die Welt hat leider nicht nur eine philanthropische Dimension. Es gibt viele Menschen, die ihre Steuern nicht bezahlen und ihr Geld auf ausländischen Konten parken. Deren Zinserträge sollen gemeldet werden. Wir wollen Steuerflucht und das Schwarzgeld eindämmen.

Luxemburg ist einer der größten Bankenplätze der Welt. Warum haben Sie es gemacht?

ASSELBORN: Wenn wir den Schritt nicht gemacht hätten, wäre die Gefahr groß gewesen, dass der Ruf des Bankplatzes beschädigt worden wäre. Wir müssen jetzt auf Seriosität setzen und unsere Kompetenz hervorstreichen. Es wird nicht ohne Wunden vorübergehen. Sie werden sehen, auch die Schweiz wird nicht glücklich bleiben, wenn sie ethisch nicht auf Linie geht.

Höre ich richtig? Die Politik sollte aus moralischen Gründen handeln?

ASSELBORN: Ja, um Steuersündern keinen sicheren Hafen zu bieten.

Haben Sie den Eindruck, dass die Bundesregierung den Bürgern reinen Wein einschenkt?

ASSELBORN: Ich bin nicht nach Wien gekommen, um den Österreichern Ratschläge zu geben. Ich merke nur, dass sich die Geschichte anders entwickelt hat und deshalb die Angst größer ist.

Größer als in Luxemburg?

ASSELBORN: In Luxemburg wird das Bankgeheimnis kein Thema mehr bei der nächsten Wahl sein. In Österreich geht es gar nicht um den Bankenplatz. Es geht eher um das Vertrauen in den Staat, in die Politik. Die Leute glauben offenbar nicht, dass das der letzte Schritt ist und kein weiterer nachkommt.

Finanzministerin Fekter redet vom drohenden Datenfriedhof.

ASSELBORN: Das Argument kenne ich, das ist in Luxemburg vom Bankensektor gekommen. Wir haben uns ein Jahr intern mit den Argumenten auseinandergesetzt. Ich will mich aber nicht in die Innenpolitik einmischen.

Gehen Sie davon aus, dass Österreich die Kurve kratzt?

ASSELBORN: Ich bin nicht hier, um Professor zu spielen. Mein Gefühl ist aber, dass die Überlegungen, die wir angestellt haben und uns zu unserer Entscheidung bewogen haben, auch hier in Österreich sehr seriös diskutiert werden.