Da saß er Sonntagabend in seinem Fernsehsender "Canale 5" auf der Couch von Moderatorin Barbara d'Urso und verkündete der Nation mit breitem Grinsen, dass er sich mit einer 27-Jährigen verlobt habe (siehe links). Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss auch dem letzten seiner Landsleute zwischen Palermo und Triest klar geworden sein, dass Silvio Berlusconi wieder zurück ist auf der großen italienischen Freiluftbühne. "Endlich bin ich weniger einsam, schmachtete der Cavaliere", und versprach den Italienern im gleichen Atemzug für den Fall seiner Wiederwahl bei der im Frühjahr anstehenden Parlamentswahl ordentlich die Steuern zu senken.

Seit Tagen hält der Cavaliere Italien und Europa mit seinen politischen Comeback-Plänen in Atem. Die Furcht, dass der mehrmalige rechtskonservative Regierungschef die von seinem Nachfolger, dem spröden Wirtschaftsprofessor Mario Monti, angestoßenen Reformen rückgängig machen könnte, ist groß.

Zwar hatte der frühere EU-Kommissar erst vor wenigen Tagen seinen Rücktritt angekündigt, nachdem Berlusconis Partei "Popolo della Libertà" ihm die Unterstützung entzogen hatte. Auf internationalen Druck hin plant Monti angesichts der gravierenden Wirtschaftsentwicklung nun jedoch eine Kandidatur bei den Wahlen im März.

Denn die Lage des Landes, immerhin Europas drittgrößte Volkswirtschaft, ist trotz des eingeschlagenen Sanierungskurses dramatisch: Innerhalb nur eines Jahres schnellte die Arbeitslosigkeit in Italien um rund 25 Prozent auf 10,5 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt verzeichnete einen Rückgang um 2,3 Prozent. In Italien verschlechterte sich damit die Lage stärker als in Spanien.

Auf Hochtouren

Ehe er in die Offensive geht, so sagt man, hofft Monti am kommenden Freitag noch das Haushaltsgesetz als letzten wichtigen Akt der von ihm geführten Technokratenregierung durch das Parlament zu bringen. Bis zur Verabschiedung wird hinter den Kulissen freilich auf Hochtouren an einem politischen Projekt gearbeitet, das zunächst die Form eines Programms für weitere dringend nötige Reformen tragen soll. Unabhängig von den beiden Mehrheitsparteien der linksbürgerlichen Demokraten und Berlusconis PDL will Monti sich damit an alle moderaten Kräfte des Landes wenden.

Berlusconi bemüht sich indes, den auch im Ausland hoch angesehenen Monti für sich zu gewinnen, indem er ihn als seinen Kandidaten bezeichnet. Immer wieder wechselte der Cavaliere in den vergangenen Tagen die eigene Position. Erst attackierte er Monti wegen dessen angeblicher Hörigkeit gegenüber Europa und Deutschland. Als Retter Italiens in der Not kündigt Berlusconi an einem Tag seine Kandidatur an, um am nächsten Tag dann wieder einen Rückzieher zu machen.

Ein Teil von Berlusconis Partei verweigert angesichts sinkender Umfragewerte dem irrlichternden Medienmogul nun jedoch die Gefolgschaft. Ex-Außenminister Franco Frattini und andere nähern sich Zentrumskräften wie den Christdemokraten um Pier Ferdinando Casini und der neuen Partei von Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo an. Diese unterstützen offen eine Kandidatur Montis zum Premier.

Problematisch wertet allerdings jene Partei eine solche Kandidatur, die sich derzeit am meisten Chancen für einen Wahlsieg ausrechnet. Der Vorsitzende der linksbürgerlichen Demokraten, Pier Luigi Bersani, möchte selbst Ministerpräsident werden, wird jedoch voraussichtlich nicht über eine ausreichende Mehrheit verfügen. "Falls ich die Wahlen gewinne, werde ich als Erstes ein Telefongespräch mit Monti führen", versichert der Politiker, der unterschiedliche Flügel von Linken bis Christdemokraten zusammenzuhalten versucht. Monti müsse weiterhin eine wichtige Rolle für Italien spielen.

Neue Parteienlandschaft?

Wenn sie zustande kommt, könnte Montis Liste die italienische Parteienlandschaft revolutionieren. Sowohl traditionelle und neue Kräfte der Mitte als auch wichtige Teile der beiden stärksten Parteien könnten davon so stark angezogen sein, dass die aktuell dominierenden Demokraten und Berlusconis PDL zu Kleinparteien verkümmern. Eine Monti-Liste käme derzeit jedoch nicht über 15 Prozent der Wählerstimmen hinaus.