Alfons Mensdorff-Pouilly lässt das zudringliche Interesse der Öffentlichkeit stoisch über sich ergehen. Aufrecht, ohne Lächeln, ohne Scherze steht er vor der Anklagebank, während sich das Klicken der Kameras zu einem wilden Rauschen verdichtet. Haltung. Noblesse oblige oder so. Kurz erlaubt er sich einen verächtlichen Zug auf den Lippen. Da blickt er gerade auf Journalisten herab, die vor ihm auf den Knien rutschen - für das beste Foto.

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Schon das Warten auf den Angeklagten war unterhaltsam. Es begann mit "Journalisten-Joggen": Die Barriere im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts ging auf und an die 50 Kameraleute und Fotografen stürmten herein und kreuzten wild die Laufwege und Blickwinkel der Kollegen. Ein ungarischer TV-Kollege übte gestikulierend halblaut seine Moderation, während andere schon einmal auf der Anklagebank Probe saßen.

Aber jetzt hat ja er Platz genommen. "Herr Mensdorff", sagt Richter Stefan Apostol, und weg ist jede Spur von Adel, "sagen Sie mir bitte Ihren vollen Namen." - "Alfons Mensdorff-Pouilly", geboren 1953, österreichisch-ungarischer Doppelstaatsbürger. Und ja, er antwortet auf die Frage nach dem Beruf: "Landwirt." Und nach kurzem Nachdenken: "Konsulent." Vermögen hat er. "Das, was in den Akten steht." Er verdient bis zu 40.000 Euro im Jahr. Schulden hat er auch - 100.000 - und eine Frau: "Maria Rauch", Ex-Ministerin. Und einen Mitangeklagten gibt es auch noch, Kurt D. (72), Jugendfreund, Berater und Investor und angeblich Kofferträger bei Geldwäschegeschäften.

Die Anklage

Staatsanwalt Michael Radasztics zeichnet das große Bild eines Geldwäschesystems, das Mensdorff hauptsächlich vorgeworfen wird. Über Vermittlung des Mannes seiner Cousine, Timothy Landon, sei der Angeklagte mit dem Rüstungskonzern BAE (British Aerospace) in Kontakt gekommen. Über Tarngesellschaften auf den Virgin Islands und anderswo seien Millionen für Bestechungsgelder geflossen, 12,6 Millionen werden Mensdorff zur Last gelegt.

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Weiters wird ihm dreifache Falschaussage, unter anderem vor dem Korruptionsuntersuchungsausschuss, vorgeworfen. Außerdem die Vorlage einer gefälschten Bestätigung, die die Rechtmäßigkeit eines der Geschäfte belegen sollte. Kurz erklärt er auch, warum Mensdorff angeklagt werden konnte, obwohl das Verfahren in Großbritannien nach einer Bußzahlung von BAE eingestellt wurde und in Europa ein "Doppelbestrafungsverbot" herrscht. "Es war nur eine vorläufige Einstellung. Ein Verfolgungshindernis besteht laut Oberlandesgericht nicht."

Verteidiger Harald Schuster beißt sich in seiner weitschweifigen Antwort an diesem Thema fest. Mensdorff zählt inzwischen gelangweilt die Kassetten an der Decke des Saals, dirigiert dezent nicht hörbare Musik und tauscht mit seinem Sitznachbarn scherzend Zuckerln - für den sympathischen Atem.

"Ich sehe diesen Strafantrag als Notlösung", schimpft derweilen sein Verteidiger. Nur "mit Müh und Not" habe der Staatsanwalt eine Anklage "nur" wegen Geldwäsche formulieren können, aber nicht wegen Bestechung, weil er eben nicht beweisen könne, wer wann wie viel wie an wen bezahlt hat.

"Und glauben Sie nicht", sagt Schuster zur angeblich plump gefälschten Bescheinigung, "wenn ein Mensdorff was fälschen würde, dass des net tipptopp ist?" Da lächelt selbst der Angeklagte.

Die Mensdorff-Show

"Ich stelle jetzt die wichtigste Frage des Verfahrens, und ich stelle sie nur einmal", übernimmt der Richter. "Fühlen Sie sich schuldig?" - "Ich bekenne mich nicht schuldig." Zu keinem der Anklagepunkte. Mensdorff drohen fünf Jahre, ein Geständnis wäre ein Milderungsgrund.

1980, erzählt Mensdorff, habe er den hoch verschuldeten elterlichen Betrieb in Luising im Burgenland übernommen. "Ich habe die Jagdwirtschaft erfunden." Hauptberuflich arbeitete er nach der Matura in einem Fleischhandel; Export und Import von Wild. "Was?", fragt der Protokollführer. - "Wild. Bummbumm!"

Dann gründete er seine eigene Handelsfirma, es begann mit ungarischen Froschschenkeln und Schnecken für Frankreich. Sein "Schloss" habe er "mit Angestellten" und "dem Geld von der Bank" selbst gebaut. Derzeit hat er zwei Jagdgatter auf mehr als 7000 Hektar in Österreich und Ungarn. - "Zaun rundherum. Böse!" - und auch ein Schloss in Schottland, das ihm nicht direkt gehört, sondern über eine Firma.

Timothy Landon, er ist inzwischen verstorben, brachte ihn mit BAE in Kontakt. Die Briten wollten von ihm wissen, warum Österreich den Draken statt ihres Lightning gekauft hat. Mensdorff beriet sie danach bis 2007 dank seiner "Kontakte und Informationen, die man nicht so leicht bekommt", in Sachen Österreich und östliche Nachbarn.

Die schriftlichen Berichte, für die er bezahlt wurde, sind laut Anklage aus dem Internet kopiert. "Die hatten nur Blabla-Charakter für die Administratoren", winkt Mensdorff ab. Die wichtigen Dinge für die wichtigen Leute seien direkt, mündlich, besprochen worden.

Die Briten hätten sich anfangs sogar schwergetan, Slowenien und Slowakei zu unterscheiden. "Wenn ich Sie nach einer Geldwertleistung frage, dann war das", sagt der Richter, "dass Sie den Briten den Unterschied zwischen Slowenien und Slowakei erklärt haben?" - "Neeein. Das war vielleicht ein blödes Beispiel." Seine Leistung sei gewesen, seinen Ratschlag zu geben. "Wie viel ist das wert?" - "Herr Rat, das war jeden Monat ein paar 1000 Euro wert."

Strikt verneint Mensdorff, dass mit "Drittzahlungen" in diversen Schriftstücken Bestechung gemeint sein könnte. Das seien nur legale Nebenkosten bei Geschäften gewesen. "Ich habe von Bestechung abgeraten. Politiker brauchen politischen Erfolg, aber kein Geld." Warum da wohl Heiterkeit im Plenum ausbricht?

Der Richter vertagt auf kommenden Dienstag. Zuvor teilt er mit, dass ein britischer Zeuge, der BAE und Mensdorff belastet hat und dann verschwunden ist, wieder aufgetaucht ist. Er soll im Jänner aussagen.