In Ägypten zieht die Konfrontation zwischen Islamisten und säkularen Kräften immer weitere Kreise. Drei Tage nach den umstrittenen Dekreten von Präsident Mohamed Mursi, mit denen er die Gewaltenteilung bis zum Inkrafttreten einer neuen Verfassung faktisch aufhob, forderte der Richterclub alle Gerichte Ägyptens zum Generalstreik auf. Die Muslimbruderschaft dagegen mobilisierte ihre Anhänger landesweit zu Kundgebungen, während an der Kairoer Börse die Kurse um fast zehn Prozent einbrachen. Friedensnobelpreisträger Mohamed El Baradei fürchtet, das Militär könne intervenieren, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Um zu verhindern, dass das Land in einem Bürgerkrieg versinkt, müsse Präsident Mursi seine Sondervollmachten zurücknehmen.

Für morgen haben beide Lager ihre Anhänger im Zentrum von Kairo zusammengetrommelt. Auf dem Tahrir-Platz gingen derweil die Auseinandersetzungen weiter, bei denen bisher mehr als 500 Menschen verletzt wurden.

Mursis umstrittene Dekrete zielen auf das Verfassungsgericht, das überwiegend mit alten Mubarak-Leuten besetzt ist. Der Präsident selbst sagt, er wolle nur die Verfassungsgebende Versammlung vor einer Annullierung schützen und ihr zwei Monate mehr Zeit einräumen, um noch bestehende Konfliktpunkte im Verfassungsentwurf zu klären.

Zuletzt hatten jedoch sämtliche Vertreter säkularer Parteien, Gewerkschaften und Kirchen ihre Mandate niedergelegt, um gegen die Islamisierung der Verfassung zu protestieren.

Deutliche Kritik am Vorgehen Mursis gibt es auch aus dem Ausland. Eine der Ziele der Revolution sei es gewesen, "sicherzustellen, dass die Macht nicht mehr absolut konzentriert wird in einer Person oder einer Institution", sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums.