Der US-Verteidigungsminister Leon Panetta war auf dem Flug nach Australien, als er den mitreisenden Journalisten eine für die US-Regierung überaus peinliche Nachricht überbringen musste.

Ein Top-Militär ist in die Affäre um den zurückgetretenen CIA-Direktor David Petraeus verwickelt: General John Allen, Oberkommandant der internationalen Truppe in Afghanistan. Er soll Tausende E-Mails mit Jill Kelley ausgetauscht haben. Das ist jene Frau, deren Freundschaft zu Petraeus letztlich zum Rücktritt des Geheimdienstchefs führte.

Nur wenige Tage nach der Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama zeigt sich damit, wie störanfällig der Sicherheitsapparat der USA ist. General Allen löste im Juli 2011 Petraeus als ISAF-Kommandant in Afghanistan ab. Petraeus wechselte damals zum Auslandsgeheimdienst CIA. Nun steht Allen, der hochdekorierte General von der Marine-Infanterie, vor seinem Karriereende. Offiziell ist Allens Ernennung zum Nato-Oberbefehlshaber in Europa - ein Posten, den er im kommenden Jahr antreten sollte - zwar nur ausgesetzt, aber sollten sich die Vorwürfe gegen den 58-jährigen Soldaten bestätigen, dürfte es nicht mehr zum Umzug nach Brüssel kommen.

30.000 Mails

Die Vorwürfe gegen Allen sind umgangreich. Die Bundespolizei FBI informierte das Pentagon, dass E-Mails im Umfang von bis zu 30.000 Seiten sichergestellt worden seien. Diese Mails habe Allen zwischen 2010 und 2012 mit Jill Kelley ausgetauscht, die sich am Standort des US-Zentralkommandos in Tampa/Florida als ehrenamtliche Helferin um die Integration ausländischer Offiziere kümmerte. Allen war im Sommer 2010 für einige Monate Chef des Zentralkommandos. Zuvor war Petraeus Kommandeur des Standorts. Offenbar freundeten sich der verheiratete Allen und die 37-Jährige, ebenfalls verheiratet, zu dieser Zeit an. In den nächsten Jahren tauschten sie sich regelmäßig aus. Das Verteidigungsministerium kommentiert den Inhalt der Mails nicht.

Es gibt auch noch keine Antwort auf die Frage, wie Allen es neben seiner Arbeit als Isaf-Kommandeur schaffte, so viele Mails zu schreiben. Doch ein Pentagon-Beamter erklärte: "Wir sind besorgt über die unangemessene Kommunikation."

Das bedeutet: Entweder tauschten sich Allen und Kelley über Details ihrer Beziehung aus, was nach dem Kodex der US-Armee eine Straftat darstellen kann. Oder es ging um geheime Informationen, was erst recht verboten ist. Allen bestreitet jegliches Fehlverhalten und bleibt vorerst in Kabul.

Doch Verteidigungsminister Panetta drängte schon darauf, möglichst schnell Allens designierten Nachfolger Joseph Dunford nach Afghanistan zu schicken. Unklar ist bisher auch, wie die Fälle Petraeus und Allen genau zusammenhängen. Alles deutet auf eine Vierecksbeziehung hin. Jill Kelley lernte David Petraeus und John Allen kennen, als diese in Tampa stationiert waren. Eine Liebesbeziehung will sie zu keinem der beiden unterhalten haben.

Später kam Paula Broadwell, die Geliebte von Petraeus, mit ins Spiel. Die Biographin des damaligen CIA-Direktors wiederum vermutete, dass Kelley und Petraeus mehr als eine platonische Freundschaft verband. Broadwell schickte Drohmails an Kelley. Diese ging zum FBI, dessen Ermittlungen letztlich zum Rücktritt von Petraeus führten.

Jetzt wurde Broadwells Wohnung in Charlotte im Bundesstaat North Carolina vom FBI in einer Nacht- und Nebelaktion gefilzt. Die Beamten beschlagnahmten zwei Computer und zehn Kisten mit Unterlagen.