Europa ist noch das geringste Problem. Die Euro-Krise wird jenseits des Atlantiks gelöst - oder auch nicht. Washington kann nur zusehen. Im Inneren wie in der Welt stehen die USA weiter vor großen Herausforderungen. Die Debatte, ob und wann die USA ihren Status als letzte verbliebene Supermacht verlieren, hat längst begonnen. Sie tobt seit jenen Jahren, in denen klar wurde, dass sich die USA innen- und außenpolitisch übernommen haben. Jetzt ist die Zeit zu handeln.

1. Finanzielle Klippe und Schuldenkrise

Viel harte Arbeit erwartet den Mann im Weißen Haus im eigenen Land. Die USA stehen vor einer "finanziellen Klippe", dem fiscal cliff. Dahinter verbirgt sich eine automatische Steuererhöhung zum Jahresende 2012, die mit einer Ausgabenkürzung einhergeht, sollten sich Präsident, Senat und Repräsentantenhaus nicht zuvor auf eine Verringerung des Haushaltsdefizits einigen. Gelingt das nicht, fürchten Experten eine neue Rezession.

Uneins sind sich Demokraten und Republikaner darüber, wie das gigantische Defizit von einer Billion Dollar und der Schuldenberg von 16 Billionen reduziert werden sollen. Die Demokraten wollen Steuererleichterungen für die Bedürftigen und die Mittelschicht beibehalten und nur die besteuern, die mehr als 250.000 Dollar im Jahr verdienen. Doch das wird nicht reichen. Bleibt die Frage, wem der Präsident etwas wegnimmt.

2. Die hohe Arbeitslosenquote

Dringendes Problem bleibt auch nach der Wahl die Arbeitslosigkeit. Trotz leichter Erholung ist der Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von 7,9 Prozent alles andere als gesund. Angesichts der aktuellen Wachstumsraten der Wirtschaft wären die USA noch zwei bis drei Jahre davon entfernt, jene Jobs wiederzugewinnen, die durch die Rezession 2008 verloren gingen. Ganz zu schweigen von den neuen, die sie schaffen sollten. Viele Arbeitsplätze wurden in die Billigproduktionsländer verlagert - für immer. Neue Investitionen in den Arbeitsmarkt oder Steuererleichterungen für Unternehmen, vielleicht sogar ein neues Paket zur Ankurbelung der Wirtschaft? Egal, welche Maßnahmen der Präsident ergreift: Die Staatsausgaben werden weiter steigen.

Arbeitsplätze, die vor allem auch jungen Menschen ein erträgliches Einkommen ermöglichen, sind derzeit aber dringend nötig, um die Bildungskrise zu bewältigen. Noch nie haben Hochschulabsolventen solche Schwierigkeiten gehabt, die Schulden für ihre Studiengebühren zu tilgen. Immer mehr junge Amerikaner fragen sich, ob sich das Studium noch lohnt.

3. Einwanderungsreform

Mittlerweile leben mehr als zwölf Millionen Einwanderer in den USA als Illegale. Sie halten das Land am Laufen, etwa als Bauarbeiter oder Pflegekräfte. Ohne sie wäre die Wirtschaft kaum überlebensfähig. Doch eine Reform des Bleiberechts kommt seit Jahren nicht zustande.

4. Für die Älteren wird es eng

In den nächsten Jahren kommen fast 80 Millionen Amerikaner - die Baby Boomers - ins Rentenalter und sprengen damit das System. 2041 sind die Rücklagen erschöpft. Damit das System nicht kollabiert, müssen sich Republikaner und Demokraten bald auf eine Reform der Krankenversicherung für Ältere und Bedürftige einigen.

5. Hoffnung geben

Hope - Hoffnung: Das war der Slogan, mit dem Barack Obama vor vier Jahren angetreten ist. Übrig geblieben ist davon kaum etwas. Der Mittelschicht geht es so schlecht wie noch nie. Eltern fürchten, dass ihre Kinder es nicht besser haben werden als sie. Das Land muss neuen Mut fassen.

6. Iran

Außenpolitisch gibt es eine Vielzahl an Problemen. Das größte Problem bleibt der Iran mit seinem Atomprogramm. Die Chancen auf eine friedliche Einigung sinken mit jedem Tag. Zu Recht fürchtet Israel eine iranische Bombe wie kein anderes Land auf dieser Welt - und der US-Präsident wird alles versuchen müssen, um die Regierung in Jerusalem von einem präventiven Militärschlag abzuhalten.

7. Afghanistan

Der internationale Kampfeinsatz in Afghanistan dürfte Ende 2014 beendet sein, nach knapp 13 Jahren. Es ist der längste Krieg, in den die USA je verwickelt waren. Doch sie müssen, um das Land vor dem völligen Chaos zu bewahren, auch nach 2015 Zehntausende Soldaten stationiert lassen.

8. China

Mehr außenpolitische Aktivität braucht es auch, damit die USA tatsächlich zu einer pazifischen Macht werden, wie es Obama vorschwebte. Bislang ist das Projekt wenig mehr als eine Ankündigung. Derweil nehmen der direkte Einfluss Chinas auf das Weltgeschehen und die Geschicke der USA zu.

9. Muslimische Welt

Der Präsident wird auch nach Barack Obamas Rede in Kairo das Verhältnis der Vereinigten Staaten zur arabisch-muslimischen Welt neu definieren müssen. Zwar hat Obama in seiner Amtszeit den "Krieg gegen den Terror" formal beendet. Er hat es aber nicht vermocht, das Gefangenenlager Guantanamo zu schließen. Zudem führen die USA heute weiterhin einen "Kampf gegen den Terror" - mit unbemannten Flugkörpern, übers Internet mit Schadprogrammen und mit nächtlichen Kommando-Operationen. In Bezug auf die arabischen Revolutionen wird die Suche nach einem dritten Weg beginnen müssen. Denn militärische Interventionen wie das Nato-Bombardement auf Libyen können zwar dazu beitragen, einen Diktator zu stürzen, doch sie führen nicht zu Stabilität in der betroffenen Region. Und Zurückhaltung, wie im Falle Syriens, führt ebenso zu Instabilität, während der Diktator sogar im Amt bleibt.