I n den Umfragen steigt die Zahl der Berufsheergegner. Haben Sie den Schwenk, den die SPÖ vollzogen hat, nicht längst bereut?

NORBERT DARABOS: Der Schwenk ist nicht von einen Tag auf den anderen erfolgt. Es hat den Anstoß des Wiener Bürgermeisters gegeben. Wir haben uns in einem fünfmonatigen Prozess zig Modelle in Europa angeschaut. Ich habe keine Angst vor der Entscheidung.

Aber in der SPÖ brodelt es. Von fehlender Kommunikation ist die Rede. Haben Sie versagt?

DARABOS: Ich war in allen neun Bundesländern, habe das Modell überall vorgestellt. Wir haben es auf breiter Basis diskutiert. Dass ich nicht in alle 3400 Organisationen der SPÖ fahren kann, ist klar.

Derzeit machen nur Sie Werbung, Häupl ist auf Tauchstation. Fühlen Sie sich im Stich gelassen?

DARABOS: Nein, überhaupt nicht. Die Wiener SPÖ ist besonders aktiv bei der Kampagne. Dass ich als Verteidigungsminister die Speerspitze bin, ist verständlich. Ich will die Frage aus der Parteipolitik heraushalten.

Das ist eine Schutzbehauptung angesichts der Widerstände.

DARABOS: In der ÖVP tritt der Wirtschaftsflügel für das Berufsheer ein. 1999 hat Landeshauptmann Pröll noch gemeint, am Berufsheer führe kein Weg vorbei. Ich kann nur sagen. Aufgrund der Erfahrungen, die ich gemacht habe, ist das jetzige System nicht reformierbar. Wir werden mit der Wehrpflicht auch durch sinkende Geburtenzahlen ein Problem bekommen. Auch haben 21 von 27 EU-Ländern umgestellt. 21 Länder können nicht irren.

Das ist ein schlechtes Beispiel, die überwiegende Mehrheit der EU-Länder ist in der Nato.

DARABOS: Die Verknüpfung sehe ich nicht, wir sind und bleiben ein neutraler Staat.

Ist der Nichtbeitritt zur Nato in Stein gemeißelt?

DARABOS: Mit der SPÖ wird es keinen NATO-Beitritt geben.

In vielen Ländern gibt es Rekrutierungsproblem. Wie wollen Sie genügend Leute finden?

DARABOS: Man muss sich mein Profi-Heer-Modell genau anschauen. Ich will keine reine Berufsarmee. Die Zahl der Berufssoldaten soll von 12.700 auf 8.500 reduziert werden, im Gegenzug gibt es eine Erhöhung der Zeitsoldaten von 1.600 auf 7.000. Das sind junge Menschen, die sich für eine gewisse Zeit an das Bundesheer binden und dann wieder mit unserer Unterstützung ins zivile Erwerbeleben wechseln.

Unternehmer klagen über einen Facharbeitermangel trotz bester Bezahlung. Droht nicht ähnliches?

DARABOS: Wir haben etwa am Golan einen Milizanteil von 70 Prozent. Das sind Bürger, die einen zivilen Beruf haben und die sich bewusst für das Heer entscheiden. Das Heer ist ein attraktiver Arbeitgeber.

Sie behaupten, das Berufsheer kostet gleich viel wie die Wehrpflicht, es glaubt Ihnen niemand. Haben Sie nicht ein massives Glaubwürdigkeitsproblem?

DARABOS: Die Wehrpflichtbefürworter versuchen wider besseren Wissens die Öffentlichkeit zu täuschen. Wenn man jeden Grundwehrdiener durch einen Berufssoldaten ersetzt, würde es doppelt soviel kosten. Das will ich nicht. Ich will ein Mischsystem aus Berufs-, Zeit- und Milizsoldaten.

Wird das Heer nicht ausgehungert?

DARABOS: Ich verwehre mich gegen die Behauptung, wir hätten eine Schrottarmee. Wir haben das modernste Panzergerät, die modernsten Flugzeuge. Es ist nicht so, dass das Heer am Zahnfleisch kriecht.

Kürzlich meinten Sie, der Grundwehrdienst sei megasinnlos.

DARABOS: Ich habe den Generalstab 2009 beauftragt, den Grundwehrdienst attraktiver zu machen. Die Antwort lautete, dass dieser aufgrund der sechs Monate nur bedingt zu attraktivieren ist. Es ist nicht sinnvoll, 1400 Grundwehrdiener als Köche, Kellner, Fahrer zu verwenden.

Der Grundwehrdiener fährt gratis, der Chauffeur kostet was.

DARABOS: Wer sagt, dass ein Offizier einen Fahrer braucht? Er kann ja selbst fahren.

Gibt es statt der Köche dann nur noch Fastfood?

DARABOS: Die Polizei hat keine Grundwehrdienst und wird auch verpflegt.

Wenn es eine Mehrheit für das Berufsheer gibt, wann wird es eingeführt?

DARABOS: Der Grundwehrdienst soll im Jänner 2014 abgeschafft werden.

Nicht früher als Wahlzuckerl? DARABOS: Nein, das wird es nicht geben, das wäre nicht seriös.

Wenn alles so bleibt wie bisher, treten Sie zurück?

DARABOS: Es geht nicht um Personen, sondern um Inhalte.

Sie müssten umsetzen, was megasinnlos ist?

DARABOS: Ich werde dann meine persönliche Entscheidung bekannt geben.

Sie hätten innerhalb von zwei Jahren dreimal die Position geändert. Können sie sich dann noch in den Spiegel schauen?

DARABOS: Ich werde für das Berufsheer kämpfen, weil es die beste Lösung für Österreich ist.