Die Kanadier nennen sie "Hurricane Hazel" und der stürmische Name ist ihr Programm: Immer wieder streift sich Hazel McCallion ihr Hockey-Shirt über und jagt auf dem Eis dem Puck hinterher. Bei gutem Wetter sieht man sie in Sportkleidung durch die Stadt radeln. Das alleine wäre schon bemerkenswert für eine Frau, die bald 92 Jahre alt wird. Noch bemerkenswerter aber ist: McCallion ist Bürgermeisterin von Mississauga, der sechstgrößten Stadt in Kanada. Sie ist die älteste Bürgermeisterin Nordamerikas, womöglich sogar der Welt. Seit 1978 ist sie im Amt, zwölf Mal wurde sie wiedergewählt. Umfragen zufolge ist sie die populärste Bürgermeisterin in ganz Kanada.

Es gibt fast nichts, um das sich McCallion nicht selbst kümmert. Wenn in ihrer Stadt ein Sportverein etwas zu feiern hat, ist sie mit dabei. In der Adventszeit spaziert sie als Weihnachtsmann verkleidet über die Einkaufsstraßen, rammt beim symbolischen Bäumepflanzen den Spaten in die harte Erde und schaut bei den Skatern im Stadtpark vorbei, um alles über den Trendsport zu lernen. Warum sie sich das mit 92 noch antut? "Ich weiß nicht, was ich sonst machen würde in meinem Leben", sagt McCallion. Im Rathaus geht alles über ihren Tisch: Akten, Termine, Vorlagen. Das berichten ihre Mitarbeiter -und klingen nicht nur erfreut. Auch nicht darüber, dass ihre eigenwillige Chefin selten auf ihren Rat hört. Ihren Chauffeur etwa hat sie vor Jahren abgeschafft. Er war ihr zu teuer. Stattdessen fährt sie mit ihrem silbernen Chevy selbst ins Rathaus.

Das Geld der Stadt hält sie zusammen als wäre es ihr eigenes. Mississauga hat trotz Krise nicht einen einzigen Cent Schulden. Auch hat sie mit niedrigen Steuern Tausende Betriebe in ihre Stadt gelockt. Die Einwohnerzahl ist in ihrer Zeit von 270.000 auf 700.000 explodiert.

Schon zu Lebzeiten haben sie in Mississauga eine Schule nach ihr benannt und auch eine Rosensorte trägt ihren Namen. Die "Hazel McCallion Rose" blüht in den Beeten vor ihrem Rathaus. Bei so viel Ruhm hat sie keinen Wahlkampf mehr nötig. Seit Jahren schon stellt sie keine Plakate mehr auf. Statt Wahlkampfspenden sammelt sie für karitative Organisationen. Selbst als ein Lokalblatt bei der letzten Wahl 2010 erstmals gewagt hatte, ihre Abwahl zu fordern, weil sie zu starrsinnig geworden sei. 76 Prozent haben trotzdem für sie gestimmt.

2014 will sie trotz aller Leidenschaft für das Amt Schluss machen. In Mississauga mag man daran noch nicht glauben.