Genau 33 Minuten lang trompete Iraks Al-Kaida-Chef Abu Bakr al-Baghdadi seine Botschaft per Internet in die Welt. Für den Irak kündigte er eine neue Welle von Attentaten an. Die zweite Hälfte seiner Rede allerdings widmete er dem Aufstand gegen Syriens Diktator Bashar al-Assad und warnte seine Gotteskrieger, "kein anderes Recht zu akzeptieren als die Gesetze Allahs und die Scharia".

"Wir stellen Selbstmordkommandos"

In anderen radikalen Erklärungen werden die Alawiten Syriens, zu denen auch der Assad-Clan gehört, als "schiitische Häretiker" denunziert. Und seit Februar ist im Internet ein Video mit maskierten Männern zu sehen, die vor zwei schwarzen Fahnen von Al Kaida ihre Kalaschnikows schwingen. "Wir stellen Selbstmordkommandos auf, um Krieg im Namen Gottes zu führen", deklamiert ein Sprecher. Und so wächst international die Befürchtung, dass sich angesichts des Chaos in Syrien unter die Rebellen immer mehr Al-Kaida-Krieger mischen, die später durch Selbstmordanschläge und Autobombenserien jeden Neuanfang nach Sturz des Baath-Regimes zunichtemachen könnten.

Am türkischen Grenzübergang Bab al-Hawa, der kürzlich von der "Freien Syrischen Armee" erobert wurde, beobachteten Reporter Dutzende von Bewaffneten, die von sich behaupteten, aus Algerien, Marokko, Ägypten, Libyen und Tunesien zu stammen. Einige gaben sogar an, aus Tschetschenien zu kommen und aus Somalia. Syriens Regime zeigte im Fernsehen jordanische und ägyptische Personalausweise von fünf Kämpfern, die in Damaskus getötet worden waren.

Selbstmordattentäter

Erst im Juni hatte das "World Jihad Network" dazu aufgerufen, sich freiwillig für den Gotteskrieg in Syrien zu melden. Die libanesische Gruppe Fatah al-Islam, die mit Al Kaida verbunden ist, brüstete sich kürzlich mit einem Attentat auf Regimetruppen in der Nähe von Aleppo, bei dem 30 "schiitische Häretiker" getötet worden seien. Das "Institute of the Study of War" in Washington jedenfalls registriert nicht nur einen steilen Anstieg von Autobomben und Selbstmordanschlägen, sondern auch einen wesentlich wirksameren Einsatz von Sprengfallen gegen Armeefahrzeuge. 35 Autobomben und zehn Selbstmordattentäter zählten die Experten in den letzten sechs Monaten, von denen mindestens vier Al Kaida zuzuordnen sind. Und die Präzision und Wucht von Bombenfallen ist inzwischen so groß, dass sie selbst Panzern gefährlich werden können.

Ein Al-Kaida-Krieger aus der Ölstadt Kirkuk im Nordirak lässt sich in der "New York Times" mit bombastischen Zukunftsplänen zitieren. "Unsere große Hoffnung ist, einen syrisch-irakischen Staat für alle Muslime zu schaffen. Dann werden wir Krieg ausrufen gegen Iran und Israel und Palästina befreien."