Rauchwolken standen über der Skyline von Damaskus, viele Bewohner machten die ganze Nacht kein Auge zu. Ununterbrochen ratterten Maschinengewehre, schlugen Mörsergranaten ein und heulten die Sirenen von Krankenwagen. "Wir leben im Kriegsgebiet", sagte ein Anwohner. Immer stärker nähern sich die Kämpfe dem Herzen der syrischen Hauptstadt. "Ihr werdet Damaskus niemals erobern", titelte die Staatszeitung "Al-Watan". Nach Angaben des Blattes kämpfen die Regierungstruppen jetzt gegen "terroristische Gruppen, die sich in den Vorstädten verschanzt haben und die große Schlacht um Damaskus wollen".

Rima Flaihan, Sprecher der lokalen Widerstandsräte, erklärte dagegen per Telefon dem Sender "Al Arabiya", das Regime sei nicht mehr in der Lage, die Revolution einzudämmen, die sich in alle Teile der Hauptstadt und des Landes ausgedehnt habe. Ein anderer Sprecher der Rebellen bezeichnete die Eskalation als "Wendepunkt der Revolution".

Das Internationale Rote Kreuz in Genf erklärte den Konflikt offiziell zum Bürgerkrieg. Armee und Rebellen lieferten sich in den Vororten Tadamon und Midan die bisher schwersten Gefechte seit Beginn des Volksaufstands vor 16 Monaten. Panzer operierten in den Wohnstraßen und beschossen Gebäude, in Panik suchten Bewohner Schutz in den Moscheen der Viertel.

Kampf gegen den Starrsinn

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und UN-Vermittler Kofi Annan versuchten derweil simultan in China und in Russland, die beiden Führungen von ihrer starren Vetohaltung gegen eine Syrien-Resolution des Weltsicherheitsrates abzubringen. Russlands Außenminister Sergei Lawrow bezeichnete in Moskau vor seinem Gespräch mit Annan einen Rücktritt von Präsident Bashar al-Assad als "unrealistisch". Dieser werde die Macht nicht aufgeben, "nicht weil wir ihn beschützen, sondern weil ein bedeutender Teil der syrischen Bevölkerung hinter ihm steht".

Heute wird Annan mit Russlands Präsident Wladimir Putin zusammentreffen, Ban mit Chinas Präsident Hu Jintao, um sie davon zu überzeugen, in dieser Woche zum ersten Mal eine Verurteilung Syriens passieren zu lassen. Das dreimonatige Mandat der 300 unbewaffneten Blauhelme läuft am 20. Juli aus. Bis Freitag muss das UN-Gremium über die Verlängerung abstimmen. Der Westen will dies mit der Androhung von Sanktionen verknüpfen. "Zu unserem großen Bedauern stellen wir Elemente von Erpressung fest", sagte Lawrow. Das sei eine "gefährliche Vorgehensweise".