Mit dem Monat Mai beginnt die Hochzeitssaison und damit für viele Paare die letzten Tanzvorbereitungskurse. Nicht so in diesem Jahr: Die Tanzschulen sind zu, es herrscht Betretungsverbot. Während sämtliche Geschäfte in Wien langsam auf Normalbetrieb umsteigen, die ersten Schulen geöffnet werden und mit 29. Mai auch Freizeitanlagen und Sehenswürdigkeiten wieder aufsperren, gibt es für Tanzschulen sowie für Theater, Konzertsäle oder Kinos noch kein endgültiges Datum zur Wiedereröffnung.

Covid-19 hat den Tanzbetrieb komplett eingestellt. Jugendkurse, Paarkurse, Workshops und selbst Privatstunden sind derzeit nicht erlaubt, die teilweise sehr hohen Mieten der Tanzstudios jedoch weiterhin zu bezahlen. „Es ist eine Katastrophe“, sagt Karin Lemberger, Präsidentin der Wiener Tanzschulen, „Für uns ist das Frühjahr immer ein wirtschaftlich wichtiger Faktor, da wir damit den Sommer übertauchen.“ Auch Tanzschulbesitzer Thomas Schäfer-Elmayer steht vor einer neuen Herausforderung: „Wir haben Kurzarbeit angemeldet und zwei Personen sogar gekündigt. Jetzt müssen wir versuchen, unsere finanziellen Depots auszuschöpfen.“ Um trotz temporärer Schließung weiterhin in Kontakt mit ihren KundInnen zu bleiben, bieten einzelne Betriebe wie die Tanzschule Kraml oder Tanzschule Chris Online-Videokurse mit Tanzschritten und Übungen für zuhause an. Lukrativ ist das allerdings nicht.

Dass die Wiener Tanzschulen bis auf Weiteres geschlossen bleiben, könnte daran liegen, dass sie keiner Lobby angehören: „Wir gehören zur Kultur dazu, mit unseren Wiener-Walzer-Stunden auch zum Tourismus und dann hängen wir noch an den Freizeitbetrieben dran. Da ist die Kommunikation untereinander schwierig“, so Lemberger. Doch die Präsidentin der Wiener Tanzschulen ist optimistisch: „Wir möchten mit 29. Mai wieder aufsperren.“ Ein Tanzpaar pro zehn Quadratmeter erhofft man sich, dafür muss das Paar allerdings am selben Wohnort gemeldet sein. Line-Dance, Steppen und Ballett sind beispielsweise jene Tänze, die auch mit zehn Quadratmetern pro Person gut umsetzbar sind, so Lemberger.

Für die Tanzschule Elmayer, deren Fokus Jugendkurse sind, wird es da schon schwieriger: „Die Jugendlichen wohnen ja meist nicht zusammen. Da müssten alle einen Meter Mindestabstand einhalten. Das ist momentan nicht vorstellbar“, so Schäfer-Elmayer. Aber einmal anfangen und wieder öffnen, auch wenn nur für Privatstunden, wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Vor allem im Hinblick auf die kommende Ballsaison: „Das ist das schlimmste Szenario, wenn die Ballsaison ins Wasser fällt“, so Schäfer-Elmayer. Insgesamt gingen in der letzten Saison 450 Bälle in Wien über die Bühne, laut Hochrechnungen zufolge mit einem Umsatz von 151 Millionen Euro. Ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Stadt Wien. Und eine Ballsaison ohne Tanzschulen ist nur schwer möglich. Beim Eröffnungskomitee des 100. Elmayerkränzchen im Frühjahr tanzten 640 Jugendliche auf engstem Raum am Parkett. Eine Zahl, die derzeit undenkbar ist.

Doch Schäfer-Elmayer bleibt positiv: „Wir hoffen weiterhin auf Unterstützung. Denn die wienerische und die österreichische Balltradition sind etwas Einzigartiges auf der Welt, das es zu erhalten gilt.“ Bis Mitte Mai, also noch eine Woche, wird gewartet. Dann muss feststehen, ob in Wiens Tanzsälen ab 29. Mai wieder Walzer getanzt werden darf.