Peter Fischer, vom Institut für Fahrzeugtechnik an der TU Graz bringt es auf den Punkt: „Seit der Euro-Abgasnorm 6 kann man sich einfach ausrechnen, dass die Emissionen vom Bremsstaub in der Masse höher sind, als das, was aus dem Auspuff rauskommt.“

Seine Rechnung? „Nehmen wir vier Bremsscheiben am Auto, mit acht Bremsklötzen. Bei der Bremsscheibe fahre ich bei rund 50.000 Kilometer Laufleistung einen halben Millimeter weg, bei den Klötzen einen halben Zentimeter. Daraus entsteht der Bremsstaub.“

Man müsse sich das vorstellen, als ob man die Hände ganz intensiv aneinanderreibt und dabei „kleine Wutzeln“ entstehen. „Beim Bremsen werden kleinste Partikel von den Scheiben und Klötzen weggerissen. Je stärker die Bremsen belastet und je heißer sie damit sind, desto mehr Partikel entstehen, die an der Luft verbrennen oder damit reagieren“, erklärt Fischer. „Darunter Barium, Antimon, Eisen, Zinn, Magnesium, Kupfer – also Dinge, die alles andere als gesund klingen.

In einem aktuellen Bericht der OECD wird der Feinstaub, den Bremsen-, Reifen- und Straßenabrieb verursacht, etwa mit verschiedenen Erkrankungen (Kardiovaskulär, Atmung) in Verbindung gebracht – ab 2035 sollen außerdem diese so genannten Nichtabgasemissionen trotz der „erhöhten Durchdringung von E-Fahrzeugen“ laut OECD zur dominierenden Partikelquelle im Straßenverkehr werden. Sehr schwere E-Autos können aufgrund ihres Gewichts mehr dieser Partikel verursachen können.

Andere Studien gehen davon aus, dass mit der Euro-Abgasnorm 6 bereits heute die Nichtabgasemissionen die Oberhand haben.

EU will eingreifen

Innerhalb der EU sollen zuerst die Bremsemissionen reglementiert werden (ab 2025). Aber der wissenschaftliche Ansatz sei derzeit zu vage, es werde „zu wenig Forschung zu dem Thema betrieben, um klare, für alle geltende Maßnahmen zu setzen“, weiß Fischer. Ein einzelner Fahrzyklus, um die Bremsemissionen zu prüfen und messen, werde zum Beispiel für Europa nicht reichen – in einem Bergland wie Österreich sind die Bremsen viel stärker strapaziert als in Holland.

Derzeit würden einfach Forschungsgelder fehlen. Und die Politik konzentriere sich „viel zu stark auf die Abgasemissionen“, so Fischer. Und: „Es werden Milliarden in verschiedene Technologien gesteckt, auf diesem gebiet hätten wir die Möglichkeit es besser anzulegen – weil es wirklich helfen kann, gefährlichen Feinstaub zu vermeiden.“

Auch auf die Verkehrsplanung wirke sich der Bremsstaub aus, man müsse Tempolimits staffeln und neu aufsetzen, damit weniger – etwa bei Serpentinen – gebremst werden müsse.

Was TU Graz und AVL planen

Trotz des Mangels an Fördergeldern hat man in Graz ein Leitprojekt initiiert. Denn um Maßnahmen zu begründen, braucht es  Forschung. Dissertant Michael Huber arbeitet derzeit mit der TU Graz und AVL an hochkomplexen, standardisierten Messverfahren, um Fahrzyklen und Messungen genau zu definieren, damit man zu klaren Ergebnissen kommt.

Dissertant Michael Huber: Bremsprüfstand mit AVL und TU Graz entwickelt
Dissertant Michael Huber: Bremsprüfstand mit AVL und TU Graz entwickelt © Lunghammer/TU Graz

Die technischen Voraussetzungen sind wesentlich schwieriger als bei einer Abgasmessung im  Auspuff. Es wurde ein eigener Bremsprüfstand entwickelt.

„Wenn man über die Regelung der Emissionsbegrenzungen beim Bremsstaub redet, wird man auch andere Materialien für die Reibbelege und die Bremsen thematisieren müssen,“ sagt Fischer, „und damit wird es in der Entwicklung auch um ein anderes Bremsverhalten oder Bremsgeräusche gehen. Auch das muss man erst in den Griff bekommen.“

Vereinzelt bieten Hersteller bereits heute spezielle Bremsen an, Fischer spricht von 2000 Euro Aufpreis. „Aber wenn wir über Massenfertigung reden, dann wird der Preis dramatisch sinken, auf rund 100 Euro pro Bremssystem.“

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