Welche Maßnahmen will die Regierung abschaffen?

Es geht vor allem um das Fallen der Maskenpflicht in Spitälern und Pflegeheimen, das Ende der kostenlosen Tests für Symptomlose ab Juli und ein Verzicht auf die Meldepflicht von Covid-19. Bis zum Sommer will Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) diese restlichen Coronamaßnahmen abschaffen, auch Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich dafür ausgesprochen. In Wien gilt bis Ende Februar noch die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr, meinte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Was man dann tue, werde von der weiteren Entwicklung abhängen.

Und warum schafft man jetzt alles ab?

Nach drei Jahren Pandemie habe man in Österreich eine hohe Immunisierung in der Bevölkerung erreicht, begründet das Ministerium. Außerdem seien "sämtliche Maßnahmen zur Finanzierung von Corona-Schutzimpfungen, Tests und Covid-19-Medikamenten bis 30. Juni befristet".

Bleiben Medikamente und Impfung kostenlos?

Das erklärte Ziel von Gesundheitsminister Rauch sei, dass die Impfung und die Medikamente kostenlos bleiben. Auch die Tests sollen für bestimmte Personengruppen wie bisher kostenlos zur Verfügung stehen. Für welche Personengruppen ist noch unklar.

Wie will man sonst weitermachen?

Im Ministerium gibt man an, an einer "grundlegenden Neufassung" des Epidemiegesetzes und an einem Pandemieplan für die Zukunft zu arbeiten. Das jetzige Gesetz sei nicht mehr "zeitgemäß", auch der Rechnungshof habe schon empfohlen, es zu überarbeiten. Man will dabei "alle betroffenen Interessensgruppe" einbinden, fertig sein will man "jedenfalls 2023". Konkret heißt es vom Ministerium: "Ziel ist, den Entwurf für ein neues Epidemiegesetz noch in dieser Legislaturperiode in Begutachtung zu schicken."

Was sagen Expertinnen und Experten dazu?

"Die Gesetze sind natürlich mit heißer Feder geschrieben worden und in turbulenten Zeiten. Die zu erneuern, ist sinnvoll", sagt Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie. Dafür, die Maßnahmen abzuschaffen, sei nun der richtige Zeitpunkt, "jetzt kann man deeskalieren", sagt Virologe Klaus Vander. Die Infektionszahlen sind zwar hoch, aber die Infizierten erkranken nicht so schwer, dass sie die Spitäler füllen. Das Virus beobachten, müsse man aber weiterhin, betont Vander. Maßnahmen wie das Abwassermonitoring seien nach wie vor notwendig. Außerdem spiele die Impfung beziehungsweise die Auffrischung eine große Rolle. Menschen, die älter oder vorerkrankt sind, "sollten sich auffrischen lassen." Von den Pflegeheimen ist zu vernehmen, dass sie das Ende der Maskenpflicht begrüßen, aber man wolle sich vorbehalten, strengere Regeln selbstständig wieder einzuführen, falls nötig.

Will die Regierung das Virus weiter beobachten?

Im Monitoringprogramm des Bundes wird gerade das Abwasser von mehr als 50 Prozent aller Österreicher sequenziert – von Kläranlagen in Wien und Salzburg etwa. Das Projekt ist bis 2024 anberaumt. Außerdem setzt man auf die Analyse von PCR-Proben, da verändert man mit April das Prozedere: Von 3500 Sequenzierungen pro Woche – 3000 sogenannte Teilgenomsequenzierungen vom Institut für Molekulare Biotechnologie und 500 Ganzgenomsequenzierungen von der Ages – geht man auf 1500 Ganzgenomsequenzierungen pro Woche über. "Bei Bedarf kann die Ages ihre Kapazitäten auch jederzeit weiter aufstocken", heißt es vom Ministerium.

Reicht das aus?

Das Abwassermonitoring sei gut geeignet, um die Menge von Corona festzustellen, um Mutationen zu finden und um einzuordnen "wo was passiert", sagt Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie. Er bestätigt, dass das Institut ab April keine Patientendaten für die Regierung sequenzieren wird. Wenn nun weniger Daten sequenziert werden, dann wird der Abgleich mit dem Abwasser und allen anderen Daten schwieriger, sagt der Molekularbiologe. Das Verknüpfen der Daten sei aber gerade jetzt wichtig: "Sonst kann ich nicht mehr sagen, wen die Variante betrifft – etwa Ältere oder jene, die schon länger nicht mehr infiziert waren – und wie die Variante sich auswirkt." Generell brauche es jetzt einen "Monitoringmix". Dazu zählen auch Antikörperstudien, die Rückschlüsse auf den Immunstatus der Bevölkerung zulassen, und ein Zufallsmonitoring, also eine stichprobenartige Beobachtung. Im Auge behalten sollte man gerade die Virusvariante XBB 1.5. In Teilen der USA ist die Variante bereits dominant. In Europa befindet sie sich auf dem Vormarsch. "Jetzt den Finger vom Puls der Pandemie zu nehmen ist einfach zu früh, wir müssen wachsam bleiben", betont Elling.

Wie lange braucht es ein Monitoring?

Es sei verständlich, dass man in der Bevölkerung und in der Politik mit der Pandemie abschließen wolle, so Elling. Aber: "Solange wir uns in der Übersterblichkeit befinden, solange Covid uns beschäftigt – auch in Form von Long Covid – müssen wir das Virus beobachten." Das Monitoring wäre auch vergleichsweise billig und würde die Bevölkerung nicht belasten, sagt Elling.

Wie sieht es mit den Impfungen aus?

56 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher besitzt ein gültiges Impfzertifikat. Generell stagniert die Zahl der Impfungen seit Längerem. Gerade Menschen, die wegen einer Erkrankung zur Risikogruppe gehören oder über 60 Jahre alt sind, "sollten sich auffrischen lassen", so Virologe Klaus Vander. Gerade in den vergangenen Wochen sei die Anzahl der aufrechten Impfzertifikate in der Altersgruppe der über 60-Jährigen gesunken und gleichzeitig sind die Infektionen bei dieser Altersgruppe gestiegen.