Jetzt sagt das Burgenland dem Ertrinken den Kampf an. Die Landesregierung hat diese Woche ein Pilotprojekt für flächendeckenden Schwimmunterricht angekündigt. Das Land finanziert Kindern in der dritten Klasse Volksschule die Busfahrt in ein burgenländisches Hallenbad oder die Therme Lutzmannsburg, die Eintrittskosten und die Schwimmkurse. "Mit dieser Initiative wollen wir alle Kinder auffangen, die noch nicht schwimmen können und jene, die bereits schwimmen können, sollen diese Fähigkeit ausbauen und festigen", sagt Landesrätin Daniela Winkler (SPÖ).

Dass es an diesen Fähigkeiten im Land mangelt, zeigt alljährlich die Schwimmstudie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Der aktuellen Ausgabe aus dem Juni zufolge kann jedes zehnte Kind zwischen fünf und 19 Jahren nicht schwimmen. Obwohl diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr etwas zurückgegangen ist, ist die Rolle der Pandemie nicht hoch genug einzuschätzen. Im Vergleich zum Jahr 2019 sind 2021 noch zwei Drittel aller Schwimmstunden in der Schule ausgefallen, heuer war es noch immer ein Drittel der Stunden.

Schwimmen als soziale Frage

Die zwei größten Faktoren, ob ein Kind schwimmen lernt oder nicht, sind die Eltern und das Einkommen, wie Johanna Trauner-Karner, Leiterin der Abteilung Sport- und Freizeitsicherheit beim KFV, erklärt: "Wenn die Eltern einen schwierigen Zugang zum Wasser haben, bekommen das auch die Kinder mit." Und: "Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass es eine soziale Frage war, wer sich einen Schwimmkurs und danach das Schwimmen leisten kann. Corona hat dem nochmal einen Dämpfer gegeben, indem 'reichere' Familien in den Urlaub fahren und schwimmen konnten."

Einzelne Initiativen in Ländern und Gemeinden

Flächendeckender Schwimmunterricht ist bis heute eine Frage einzelner Initiativen in den Bundesländern oder Gemeinden. Die Stadt Salzburg hatte ein ähnliches Projekt wie es das Burgenland vorhat, musste es aber in der Pandemie stoppen, weil Schwimmtrainer als schulfremde Personen nicht zu Unterricht herangezogen werden durften. In Vorarlberg und in St. Pölten als Pilotprojekt wird Kleinkindern das Überwasserbleiben ohne komplizierte Schwimmtechniken beigebracht. Das Land Kärnten, Wien oder Graz haben im Vorjahr immerhin die Plätze für Schwimmkurse massiv ausgebaut. "Wir wünschen uns, dass jedes Kind Zugang zu Schwimmunterricht bekommt", sagt Trauner-Karner. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Mit zwölf ist das Lernfenster oft geschlossen

Es ist aber zentral, Kindern möglichst früh das Schwimmen beizubringen. "Wir sehen ganz klar in der Schwimmstudie, dass Kinder ab einem gewissen Alter nicht mehr schwimmen lernen", sagt Trauner-Karner. Sei es aus Scham oder fehlender Motivation: "Wer mit elf oder zwölf Jahren noch nicht schwimmen kann, lernt es oft auch nicht mehr."

Doch nicht nur bei den Kindern hat die Pandemie massive Auswirkungen auf das Verhalten im Wasser: "Wir sehen heuer viele Ertrinkungsunfälle im Erwachsenenalter", sagt Trauner-Karner. Das liegt an der sogenannten Schwimmfrequenz, die noch weit vom vorpandemischen Level entfernt ist und für die nötige Übung und Fitness im Wasser sorgt. Während vor der Pandemie mehr als drei Viertel der Menschen über 50 angaben, zumindest einmal im Jahr schwimmen zu gehen, sind es heuer knapp mehr als die Hälfte.