Es sind schwere Anschuldigungen gegen die Impfgegner, gegen rechts allgemein und im Besonderen auch gegen Polizei und Staatsanwaltschaft. Die einen hätten die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr in den Tod getrieben, die anderen nicht genug zu ihrem Schutz und zur Ausforschung der Täter getan. Auch die nicht durchgeführte Obduktion der Toten wird heftig kritisiert.

Drei Abschiedsbriefe

Insgesamt drei Abschiedsbriefe soll die Ärztin hinterlassen haben, unter anderem einen an die Landespolizeidirektion Oberösterreich, berichtet die Kronen Zeitung heute. Ein Zitat daraus: "Ich verwünsche die Landespolizeidirektion Oberösterreich!" Ein weiterer Brief gilt laut der Zeitung der Ärztekammer: Es habe demnach keine Hilfe gegeben, sie fühle sich im Stich gelassen. In den Zeilen an ihre Mitarbeiterin bedankt sich Kellermayr und entschuldigt sich quasi für den Suizid.

Kellermayr (36) war, wie berichtet, Freitagfrüh tot in ihrer Praxis am Attersee (OÖ) aufgefunden worden. Sie hatte in der erst im Juni geschlossenen Praxis Suizid begangen. Fremdverschulden sei von Anfang an auszuschließen gewesen, so die Polizei. In Österreich ermittelt diese weiterhin gegen unbekannte Täter, weil davon auszugehen sei, dass die Vorwürfe mehrere Personen betreffen. An diesen Ermittlungen ändere auch der Tod der Frau nichts, man warte nach wie vor auf den Abschlussbericht der Polizei, so eine Staatsanwaltschaftssprecherin gestern.

Die Ärztekammer Oberösterreich blieb am Sonntag auf APA-Anfrage bei ihrer Stellungnahme vom Freitag, man habe Frau Kellermayr jede Hilfe angeboten, zu der man in der Lage gewesen sei. "Letzte Woche noch wurde mit Frau Kellermayr ein Hilfsplan persönlich besprochen, wie das Fortbestehen der Ordination, insbesondere auch mit Hilfe eines Rechtsanwaltes, der von der Ärztekammer für Oberösterreich beauftragt wurde, gesichert werden kann", so Präsident Peter Niedermoser. Die oberösterreichische Polizei wollte zu dem angeblichen Abschiedsbrief am Sonntag auf APA-Anfrage nichts sagen.

Kirche unterstützt Gedenkfeier

Beim geplanten Gedenken der Initiative "YesWeCare" für die oberösterreichische Allgemeinmedizinerin Lisa-Maria Kellermayr am Montagabend (ab 20:30 Uhr) am Stephansplatz werden auch die Glocken des Doms läuten. Das bestätigte Dompfarrer Toni Faber am Sonntag im Interview mit Kathpress. Faber war zuvor von #YesWeCare-Initiator Daniel Landau deswegen kontaktiert worden. "Ich habe sofort meine Unterstützung zugesagt und werde am Montagabend selbst dabei sein, wenn die Glocken des Doms das Gedenken und Gebet für die Verstorbene begleiten", sagte der Dompfarrer. Schweigen werde indes die Pummerin, weil deren Geläut "protokollarisch geregelt" sei.

In den Sozialen Medien kursieren auch Termine für Mahnwachen zur selben Zeit in Wels, Linz und Graz.

Faber und Landau zeigten sich im Gespräch mit Kathpress "tief betroffen" vom inzwischen von der Staatsanwaltschaft Wels bestätigten Suizid der Ärztin am Freitag. Kellermayr war monatelang von Corona-Impfgegner bedroht worden und hatte sich deswegen von den Behörden zu wenig unterstützt gefühlt. Der #YesWeCare-Initiator - Bruder von Caritas-Präsident Michael Landau - betonte den solidarischen und friedlichen Charakter der Aktion: "Wir wollen einer mutigen Frau in Stille gedenken, die sich für das Leben eingesetzt hat, und für sie Kerzen anzünden." Der Stephansplatz und die Glocken des Doms seien dafür der würdige Rahmen. Landau: "Ich hoffe auf ein starkes gemeinsames Zeichen für gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen Hass."

Das Gedenken ist als ein friedliches und ruhiges Zusammenkommen am Montag ab 20.30 Uhr am Stephansplatz in Wien geplant, zu dem Landau und #YesWeCare einladen. "Und um 21 Uhr wollen wir mit dem Entzünden der selbst mitgebrachten Lichter, seien es Kerzen oder Handy-Licht, der verstorbenen Frau Dr. Lisa-Maria Kellermayr gedenken", so der Initiator des Lichtermeers.

Trauer und Betroffenheit

Politiker aller Couleur drücken seit Freitag, meist auf Twitter und in anderen sozialen Netzwerken, ihre Trauer und Betroffenheit über den Tod der Allgemeinmedizinerin aus. „Beenden wir dieses Einschüchtern und Angstmachen. Hass und Intoleranz haben in unserem Österreich keinen Platz. Finden wir am Ende immer einen Weg, friedlich miteinander zu leben. Stärken wir den Zusammenhalt“, appellierte beispielsweise Bundespräsident Alexander Van der Bellen an die Bevölkerung. Denn ein Blick in die sozialen Medien zeigt: Selbst nach einem solch tragischen Vorfall dominieren noch immer Hass und Kritik.

Vor dem Gesundheitsministerium legen währenddessen Menschen Blumen nieder, Kerzen werden entzündet. Ebenso vor der Praxis am Attersee. Für Montagabend sind gleich mehrere Mahnwachen geplant – die wohl größte am Stephansplatz in Wien, aber auch eine auf dem Grazer Hauptplatz.

„Jeder kann in die Lage kommen, an Suizid zu denken“, betont die Suizidprävention Österreich. Seit der Pandemie ist die Zahl der Suizide wieder im Steigen. Hilfe findet sich unter www.gesundheit.gv.at