Der mutmaßliche Amokläufer von Heidelberg hat sich seine Waffen in Österreich besorgt, konkret in Wien. Dafür hat er sich offenbar ein Hotelzimmer gemietet, wo man eine der drei erstandenen Waffen gefunden hat. Das teilte die Staatsanwaltschaft Heidelberg gestern mit. Abgesehen davon dürfte der 18-Jährige keine persönlichen Kontakte nach Wien gehabt haben. Er hatte am Montag an der Uni Heidelberg eine 23 Jahre alte Studentin getötet und drei weitere Studenten verletzt. Anschließend tötete er sich selbst.

Fest steht laut Staatsanwaltschaft Heidelberg, dass weder der mutmaßliche Täter noch seine engeren Angehörigen irgendwelche waffenrechtliche Erlaubnisse in Deutschland besaßen. Die hätte man aber gebraucht, um an eine Waffe zu kommen, so Waffenexperte und Sportschütze Markus Schwaiger. Laut ihm ist eine Waffenbesitzkarte in Deutschland „für alles (sogar für Knallwaffen)“ Voraussetzung. Wer allerdings in Österreich eine Waffe kaufen will, der trifft auf nicht allzu hohe Hindernisse, sagt der Experte. Hier sei das Waffengesetz um einiges lockerer.

Waffen der Kategorie C in Österreich frei zugänglich

Der 18_jährige besaß Langwaffen der Kategorie C. Darunter eine Doppelflinte der Marke "Churchill" und eine sogenannte Repetierbüchse, Chiappa Alaskan 1892, wie auf Videos zu erkennen ist. Diese sind in Österreich für über 18-Jährige frei zugänglich. In die Kategorie C fallen außerdem Jagdgewehre, in die Kategorie B zum Beispiel Faustfeuerwaffen und in die Kategorie A Maschinengewehre. Man braucht für die Kategorie C kein waffenrechtliches Dokument und muss lediglich EU-Staatsbürger sein. Es darf allerdings kein amtliches Waffenverbot vorliegen – ein solches kann zum Beispiel nach Gewalttaten ausgesprochen werden. 

Wenn jemand ohne Waffenbesitzberechtigung eine Waffe der Kategorie C in einem Geschäft kauft, dann darf er diese nach einer „Abkühlungsphase“ von drei Tagen abholen und benutzen. Die Phase dient dazu, dass der Händler Zeit hat zu kontrollieren, ob ein Waffenverbot vorliegt.

Schwaiger kritisiert, dass Waffen der Kategorie C so einfach zu erhalten sind. Die Gefahr von Amokläufen würde dadurch steigen. Schwaiger fordert eine Änderung im Gesetz, Waffen der Kategorie C sollen nur mehr für jene mit Jagd- oder Waffenbesitzkarte erhältlich sein. 

Experte: Illegale Waffen seien das Problem

Das große Problem in Österreich seien aber die illegalen Schusswaffen, sagt Schwaiger. „Wir haben Unmengen davon, einfach bedingt zur Nähe zum ehemaligen Ostblock und dem ehemaligen Jugoslawien in Kombination mit der Öffnung der Grenzen im Rahmen des Schengen-Abkommens.“ Die Schätzungen reichen laut dem Experten von einer halben Million bis 1,5 Millionen an illegalen Schusswaffen.

Im Fall des Attentäters steht laut der Staatsanwaltschaft Heidelberg noch nicht fest, ob die Waffen legal oder illegal erworben wurden. Viele Verbrechen würden mit illegalen Schusswaffen begangen, so Schwaiger. Er vermisst Initiativen vonseiten der Legislative und Exekutive. In anderen Ländern gebe es etwa Aktionen zur „straffreien Abgabe“ von illegalen Waffen, um sie vom Markt zu bekommen.

Waffenexperte Ingo Wieser relativiert, das österreichische Gesetz entspreche ziemlich genau der EU-Vorgabe. „In manchen Punkten ist es aber unscharf und fehlerhaft“, kritisiert auch er. Zum Beispiel seien die Kategorien teils unsinnig. Von den rund 1500 Verbrechen, bei denen Wieser als Sachverständiger mitwirkte, habe er nur bei einer Handvoll mit legalen Waffen zu tun gehabt. „Wer sich eine Waffe besorgen will, kommt auch zu einer“, sagt Wieser.