Bei dem Strafverfahren am Landesgericht Salzburg geht es um einen Suchtgifthandel mit mindestens 13,8 Millionen Captagon-Aufputschtabletten zu einem mutmaßlichen Verkaufswert von rund 40 Millionen Euro. Der Prozess startet am 14. Dezember in Salzburg, 14 Personen sind angeklagt. Die Beschuldigten sollen Mitglieder einer internationalen Tätergruppe sein, die Drogen von Juni 2016 bis März 2021 aus dem Libanon zu einem Umschlagplatz nach Österreich geschmuggelt hat.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft basiert zu einem Gutteil auf den Angaben eines in Salzburg lebenden Irakers, berichteten die "Salzburger Nachrichten". Der Mann gilt als Kronzeuge der Anklage. Er habe eingeräumt, in die Drogengeschäfte involviert gewesen zu sein, und habe dafür im Vorfeld offenbar eine Diversion erhalten. Der Kronzeuge soll seit Juni 2019 eine "innige Beziehung" mit der Hauptdolmetscherin in dem Ermittlungsverfahren geführt haben.

Die Frau sei bei vielen polizeilichen Vernehmungen und zur Übersetzung der Telefonüberwachungsprotokolle eingesetzt gewesen. Sie habe aber die Beziehung zum Kronzeugen geheim gehalten. Zuletzt soll die Dolmetscherin gegenüber der vorsitzenden Richterin beteuert haben, dass ihre Beziehung zum Kronzeugen ihre Dolmetschertätigkeit nicht beeinflusst habe. Der Verteidiger von vier Angeklagten, Rechtsanwalt Kurt Jelinek, ortete gegenüber der Zeitung ebenfalls einen Skandal und erklärte, die Dolmetscherin sei als Lebensgefährtin des Kronzeugen als befangen zu beurteilen.

Bereits aus Liste gestrichen

Der Sprecher des Landesgerichtes Salzburg, Peter Egger, sagte am Freitag auf APA-Anfrage, die Dolmetscherin sei vor rund einer Woche aus der Dolmetscherliste des Landesgerichts Salzburg gestrichen worden - "aufgrund der im Raum stehenden Vorkommnisse im Ermittlungsverfahren". Die Frau werde daher im "Captagon-Prozess", der nächste Woche startet, nicht dolmetschen. Es werde ein anderer Dolmetscher für die arabische Sprache herangezogen. Das Gericht werde sich bei dem Prozess auch einen persönlichen Eindruck von dem Kronzeugen verschaffen.

Der Österreichische Verband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher (ÖVGD) ortet rechtsstaatliche Probleme, wenn "nicht zertifizierte, teilweise unqualifizierte Dolmetscherinnen und Dolmetscher" verstärkt eingesetzt werden. Er forderte am Freitag, es sei höchste Zeit, "diesen jahrelangen Missstand abzustellen". ÖVGD-Präsidentin Andrea Bernardini habe in einem gestrigen Schreiben Justizministerin Alma Zadic um einen dringenden Gesprächstermin gebeten.