Es war ein bunter und lauter Protest: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wiener Privatkindergärten haben am Dienstag Betriebsversammlungen abgehalten, 5000 von ihnen sind bei einer Kundgebung im Votivpark für bessere Rahmenbedingungen und mehr Personal auf die Straße gegangen. Das Motto: "Es reicht". Die Privatkindergärten sind deshalb heute (mit Ausnahme der Betriebskindergärten) bis 12.30 geschlossen, für Donnerstag sind Proteste der städtischen Kindergärten angekündigt.

Auf der Wiese vor der Votivkirche wimmelte es am Vormittag vor orangenen Warnwesten, viele mit der Aufschrift "Es reicht". Auf Transparenten und Plakaten wurde die gesamte pädagogische Klaviatur bedient, von positiver Bestärkung ("Danke für's Miteinander") über Strenge ("Schluss mit Lustig") bis zu Galgenhumor ("Wenn meine Bezugspersonen ausgebrannt sind, kaufst du mir dann neue?"). Vielfalt gab es auch bei der akustischen Begleitung: Mit einem Konzert aus Trillerpfeifen und Tröten, Rasseln und Ratschen machten sich die Angestellten der Privatkindergärten - von den SP-nahen Kinderfreunden über Kinder in Wien (KIWI) bis zur St. Nikolaus-Stiftung - gemeinsam mit der Gewerkschaft GPA für ihre Forderungen stark.

Protest mit Tafeln und Trillerpfeifen
Protest mit Tafeln und Trillerpfeifen © APA/Herbert Pfarrhofer

"Das ist ein historischer Moment, Schluss ist mit den braven Tanten", rief denn auch Rednerin Karin Wilfingseder von der Gewerkschaft gpa in die Menge. Zum ersten Mal würden von den Privatkindergärten Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit abgehalten, man lasse sich nicht mehr entlang der Trägerorganisationen auseinanderdividieren. Schon für 2020 seien Betriebsversammlungen im öffentlichen Bereich geplant gewesen, die Pandemie habe das letztlich verhindert. "Und wieder hat die Politik uns im Stich gelassen."

Erste Erfolge des Protests

Nur den aktuellen Zusammenschlüssen und der Mobilisierung sei es zu verdanken, dass vergangene Woche eine Neuverhandlung der 15a-Vereinbarungen mit den Ländern zu den Kindergärten angekündigt wurden und am gestrigen Montag die Stadt Wien die Verdoppelung der Assistenz-Stunden in den Kindergartengruppen von derzeit 20 auf 40 Stunden ab September 2022 angekündigt habe. Doch das sei nicht genug, "wir haben noch viel Eskalationspotenzial". Diese Betriebsversammlungen seien "nur unterbrochen", wurde betont. Der Protest gehe weiter.

Schon seit Jahren wird in den elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen über schwierige Rahmenbedingungen geklagt. Und das, wie die Rednerinnen bei der Demonstration betonten, bundesweit, auch wenn die Kindergärten Ländersache sind und sich die Regelungen dementsprechend von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.

Zu große Gruppen

Der Tenor: Die Gruppen sind zu groß und zu wenige Pädagoginnen und Pädagogen pro Kind vorgesehen, um die Kinder nicht nur zu beaufsichtigen, sondern tatsächlich bei ihren Bildungsprozessen zu begleiten. In Wien fehle zudem eine bezahlte Vorbereitungszeit der Pädagoginnen. Die Folge: Obwohl eigentlich genug junge Menschen die Ausbildung abschließen, um im Kindergarten zu arbeiten, geht ein guter Teil gar nicht in den Beruf oder verlässt ihn schon bald wieder. Es gibt zu wenig Personal, gefordert wird deshalb auch eine Ausbildungsoffensive.

Dazu kommt, dass Mitarbeiterinnen in Wien in privaten Kindergärten deutlich weniger verdienen als in städtischen, knapp 400 Euro brutto beträgt der Unterschied laut KIWI beim Einstiegsgehalt. Und auch Corona war mehrfach Thema: "Wir brauchen eine Verschnaufpause", hieß es etwa auf Plakaten. Die zusätzlichen Aufgaben wie ständiges Desinfizieren der Gruppenräume etc. seien eine zusätzliche Belastung für das ohnehin schon geforderte Personal.

Nächste Demo

Übermorgen gehen die Proteste weiter: Für diesen Tag haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Kindergärten eine Demonstration am Minoritenplatz angekündigt - die Kindergärten bleiben aber geöffnet. Die Gewerkschafter wollen ein einheitliches Bundesrahmengesetz in ganz Österreich, derzeit sind Kindergärten Ländersache. Außerdem im Forderungskatalog sind mehr Sicherheit, eine Anhebung der Ausgaben für den elementaren Bildungsbereich auf ein Prozent des BIP, bessere Rahmenbedingungen und der Start einer Ausbildungsoffensive für die stark von Personalmangel betroffenen Kindergärten.