Ein Dach, vier Träger, ein Priester und eine Monstranz – bedächtig zieht die Fronleichnamsprozession über die Felder rund um den Kärntner Ort Wachsenberg. Man hat sich schön angezogen, in Festtagstracht geworfen, für den Flurumgang, wie seit Jahrhunderten schon. Einmal im Jahr bitten die Gläubigen so um den Segen Gottes für ihre Felder. Ein starkes Sinnbild für den Glauben an eine direkte Verbindung zwischen Himmel und Erde, verdichtet im kleinen, runden Brot, das der Priester in goldenem Strahlenkranz vor sich herträgt.

So friedlich, ja idyllisch wie in unserem Bild waren solche Prozessionen nicht immer. Der Streit um die Frage, was die Hostie in Wahrheit sei, ob „Symbol“ für den Gekreuzigten oder seine „Substanz“, hat Generationen von Christinnen und Christen gegeneinander aufgebracht. 1264 eingeführt, um das schwer erklärbare Geheimnis der Wandlung von Brot und Wein in Fleisch und Blut Christi in der Messfeier auch theologisch nicht gebildeten Menschen anschaulich zu machen, hat das Fest nicht nur Protestanten gestört. Martin Luther störte, dass man das Sakrament „nur zum Schauspiel umträgt und eitel Abgötterei damit treibet“. Auch orthodoxen Christen ist die Verehrung der Hostie, wie die katholische Kirche sie an diesem Tag in Szene setzt, fremd. Liberale forderten im Deutschland des neunzehnten Jahrhunderts gar ein Verbot des „Straßen-Terrorismus“, wie sie die Umzüge der Katholiken im öffentlichen Raum der Städte nannten.

Diese Kampfzeiten sind vorbei und das Zweite Vatikanische Konzil der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts hat dazu viel beigetragen. Heute verstehen sich die Pilger hinter dem reich bestickten Traghimmel unter dem bewölkten echten als „wanderndes Gottesvolk“. Sie folgen dem „Brot des Lebens“ in seinem kostbaren Tragschrein. Dagegen kann niemand etwas haben. Der Streit um hochtrabende theologische Konzepte, der Kriege und Verwüstungen rechtfertigen musste, ist überwunden. An elastischen Kompromissformeln wird gefeilt, die Gläubigen aber sind ihren Kirchen oft schon weit voraus. Geblieben ist ein schöner, gemeinschaftsstiftender Brauch, dessen tiefere religiöse Bedeutung von Generation zu Generation wieder in Erinnerung gerufen werden muss. Sonst bleibt eines nicht so fernen Tages nur noch touristische Folklore davon, bis auch diese verschwindet.