Ein Hausbesitzer im Tennengau hat an einem kalten Wintertag im Februar die Leiter von zwei Rauchfangkehrern entfernt, so dass die beiden Männer am Dach festsaßen. Erst nach rund 30 Minuten langen "Bettelns" soll der 61-Jährige die Leiter wieder angelehnt haben, sagten die beiden Zeugen am Mittwoch bei einem Prozess in Salzburg. Der nicht einsichtige Angeklagte wurde wegen Freiheitsentziehung zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt. Der Salzburger meldete Rechtsmittel an.

Die Strafrichterin hatte dem bisher unbescholtenen Mann eine diversionelle Erledigung in Form einer Geldbuße angeboten. Das Verfahren wären dann eingestellt worden. Doch der Angeklagte, der ohne Verteidiger zur Verhandlung am Landesgericht Salzburg gekommen war, lehnte ab. "Ich verstehe das nicht, euer Ehren", sagte der Eigentümer eines Reihenhauses im Tennengau.

Eine Diskussion mit den Rauchfangkehrern habe es erst gegeben, nachdem er wieder die Leiter hingestellt und die zwei schon herunten waren, sagte der Salzburger. Und zweitens hätten die beiden gleich nach Erledigung ihrer Arbeit an seinem Kamin wieder von seinem Dach herunterkommen und die Leiter am Nachbarhaus anbringen sollen, und nicht von seinem Dach auf die Dächer der angrenzenden Reihenhäuser steigen dürfen, meinte der 61-Jährige. Das habe er mit dem Arbeitgeber der beiden so vereinbart.

"Tausendmal entschuldigt"

Aus Sicht der Rauchfangkehrer hat sich der Vorfall am 8. Februar 2021 allerdings etwas anders zugetragen. "Als wir wieder runter wollten, war die Leiter weg. Es war saukalt. Wir haben geschrien, dass uns wer hilft", bezeugte eines der beiden Opfer, ein 41-jähriger Rauchfangkehrer. Nach etwa zehn Minuten sei ein Nachbar gekommen, doch den habe der 61-Jährige "verbal verscheucht".

Etwa 30 Minuten habe er mit dem Angeklagten diskutiert und sich tausendmal entschuldigt, weil er nicht gewusst habe, dass er von dessen Dach nicht auf das rechtsgelegene, nächste Dach steigen dürfe. "Schriftlich gibt es da nichts. Er hat zu uns auch noch gesagt, wenn wir morgen noch oben stehen, dann holt er die Polizei wegen Hausfriedensbruch", erklärte der Rauchfangkehrer.

Aus rund 2,70 Meter Höhe vom Dach auf den Asphaltboden zu springen, das hätten sie sich nicht getraut, erklärten der 41-Jährige und sein damaliger Kollege unisono. Vermutlich habe der Passant die Polizei gerufen. "Ich war dann neun Tage im Krankenstand, weil ich mir die Halswirbelsäule verkühlt habe."

Der Angeklagte rechtfertigte sein Verhalten auch damit, dass es unverantwortlich gewesen wäre, wenn er die "unbeaufsichtigte Leiter" nicht entfernt hätte. Es hätten ja in der Zwischenzeit beispielsweise Kinder hinaufklettern können, meinte er. "Wenn da etwas passiert, hafte ich uneingeschränkt." Dass er den Passanten verscheuchte, gab er zu. Danach habe er selbst die Leiter wieder angelehnt, nachdem er die beiden Rauchfangkehrer auf seinem Garagendach gesehen habe.

"Sie dürfen die Leiter nicht wegtun, so dass die Rauchfangkehrer nicht mehr herunterkommen können", redete die Richterin dem Angeklagten ins Gewissen. "Wenn Sie zivilrechtlich mit jemanden ein Problem haben, müssen Sie das zivilrechtlich klären." Und der Staatsanwalt gab zu bedenken: "Sie haben sehr wohl gewusst , dass die zwei Rauchfangkehrer am Dach zu Gange waren. Sie haben die Leiter weggetan, um ein Exempel zu statuieren."

Die Strafe von sechs Monaten auf Bewährung wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren ausgesprochen. Das Delikt "Freiheitsentziehung" ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bedroht.