Bislang war es der Helikopter, ausgestattet mit einer Wärmebildkamera, der nach vermissten oder verunglückten Personen gesucht hat. Das Problem: In dicht bewaldeten Gebieten ist die Wärmebildkamera chancenlos, da entweder die Vegetation den Untergrund zu stark verdeckt, oder die Bäume in der Sonne eine ähnliche Temperatur wie die vermisste Person haben. Forscher der Uni Linz haben nun einen Drohnen-Prototyp entwickelt, der genau diese Herausforderungen meistert.

Der Prototyp verwendet die sogenannte Deep Learning-Technologie, "die in der Lage ist, Personen zu erkennen und diese von anderen Dingen wie Ästen, Bäumen oder hellen Flächen auf dem Waldboden zu unterscheiden", sagt Oliver Bimber vom Institut für Computergrafik der Universität Linz. "Das ist möglich, da das Verfahren sich eben an verschiedenen Dingen orientiert, zum Beispiel Größe, Form des Körpers, Pose, etc." Ist der Körper aber ganz oder teilweise von Bäumen bedeckt, kommt das "Airborne Optical Sectioning (AOS) Verfahren" zum Einsatz, welches Bimber als "Schlüsseltechnologie" bezeichnet.Um die Verdeckung wegzurechnen, werden zahlreiche Bilder einer auf einer Drohne montierten Wärmebildkamera kombiniert und zu einem Integralbild zusammengesetzt. "Dieses entspricht einem Bild, das man mit einer Linse von mehreren Hundert Metern Durchmesser aufgenommen hat", so Bimber. Erst dieses Integralbild wird mithilfe von künstlicher Intelligenz, dem Deep Learning-Verfahren, ausgewertet.

Die Drohne im Einsatz
Die Drohne im Einsatz © JKU
Durch die Kombination mehrerer Einzelaufnahmen (AOS) werden Verdeckungen reduziert.
Durch die Kombination mehrerer Einzelaufnahmen (AOS) werden Verdeckungen reduziert. © JKU

Während eine Einzelaufnahme mit einer normalen, nur wenige Millimeter großen Linse eine so hohe Tiefenschärfe hat, dass eine vermisste Person fast vollständig verdeckt ist, hat das Integralbild der künstlich erzeugten riesigen Linse nur eine ganz geringe Tiefenschärfe. "Indem wir diese Linse auf den Waldboden fokussieren, werden Objekte über dem Boden, also etwa die ganzen Bäume, so unscharf, dass sie im Integralbild verschwinden, und die vermisste Person wird erkennbar", erklärte der Wissenschafter."Die Prototypen funktionieren wirklich gut, wir haben eine Erkennungsrate von 87 bis 95 Prozent im Praxiseinsatz, trotz starker Verdeckung", sagte Bimber. Mit herkömmlichen Einzelbildern würde man dagegen lediglich eine Erkennungsrate von unter 25 Prozent erreichen. Neben der technischen Überlegenheit gegenüber dem Hubschrauber mit Wärmebildkamera bietet die Drohne aus Linz weitere Vorteile: "Die Kosten sind deutlich geringer als bei bemannten Hubschraubereinsätzen. Ein anderer Vorteil ist, dass die Drohnen auch bei schlechter Sicht bzw. Bedingungen fliegen können, wenn der Hubschrauber am Boden bleiben muss", weiß Bimber.Die einzige Einschränkung für einen Einsatz in der Praxis sieht Bimber derzeit in der batteriebedingt limitierten Flugzeit der Drohnen von maximal 30 Minuten. Drohnen mit Verbrennungsmotor könnten Abhilfe verschaffen, doch Probleme gäbe es noch bei den Gesetzesauflagen in Österreich und Europa. Beispielsweise müssten Gewichtsgrenzen eingehalten und es dürfte nur nach Sicht geflogen werden. Das mache das autonome Fliegen über größere Strecken zu einem Problem.Trotzdem: Die Anwendung des Grundlagenforschungsprojektes bei Such- und Rettungsaktivitäten sei nur eines von mehreren Anwendungsfeldern. "Das ist nicht nur bei der Suche nach vermissten Personen sinnvoll," so Bimber. Das Verfahren eigne sich auch in anderen Bereichen wie Überwachungsaufgaben der Polizei oder des Militärs, bei autonomen Fahrzeugen oder Wildbeobachtungen.