Der Attentäter, der am 2. November bei seinem Terror-Anschlag in der Wiener Innenstadt vier Menschen erschossen hat, soll während des ersten Corona-Lockdowns in einem Wiener Spital als Security-Mitarbeiter gearbeitet haben. Das hat ein langjähriger Bekannter des Attentäters, der von der Staatsanwaltschaft Wien der Mittäterschaft verdächtigt wird, nach seiner Festnahme in einer Einvernahme bekannt gegeben. Die APA konnte in das Protokoll Einsicht nehmen.

Demnach waren der Täter sowie ein zweiter mutmaßlicher Salafist, der mittlerweile als möglicher Mittäter bzw. Mitwisser in U-Haft sitzt, im Frühjahr in dem Spital geringfügig als Sicherheitskräfte beschäftigt, wobei das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Krankenhausträger, sondern direkt mit dem Sicherheitsunternehmen abgeschlossen worden sein dürfte. Der Security-Dienst wurde "tageweise über eine WhatsApp-Gruppe organisiert", wie der Bekannte des Attentäters zu Protokoll gab, der den Täter seinerzeit zu dessen Gerichtsverhandlung begleitet hatte, in welcher der spätere Attentäter im April 2019 wegen terroristischer Vereinigung verurteilt wurde. Er selbst sei auch gefragt worden, "ob ich mir nebenbei beim Security-Dienst Geld dazu verdienen will", habe das aber abgelehnt.

Der Täter, der nach seiner bedingten Entlassung im Dezember 2019 einen auffallenden Bartwuchs trug, dürfte sich diesen mithilfe eines Haarwuchsmittels zugelegt haben. Als der Bekannte seine vergleichsweise spärliche Barttracht thematisierte, soll ihm der Täter ein Präparat empfohlen und in weiterer Folge auch überlassen haben.

Erst nach Entlassung radikalisiert?

In seinem Freundes- und Bekanntenkreis war die radikalislamistische Gesinnung des späteren Attentäters bekannt. Ungeachtet der Bemühungen des auf Deradikalisierung spezialisierten Vereins Derad, bei dem der 20-Jährige nach seiner bedingten Entlassung verpflichtende Termine wahrnehmen musste, dürfte sich seine salafistische Gesinnung nicht gelegt, sondern verstärkt haben. Das legen Angaben einiger als mögliche Mitwisser bzw. Mittäter Festgenommener nahe.

Der 20-Jährige habe ihm einmal gesagt, "dass es sein größter Traum sei, sich mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft zu sprengen", verriet ein der Mittäterschaft Verdächtiger am Tag nach dem Anschlag dem Verfassungsschutz. Wo und wann er "das" machen wolle, habe er ihm nicht erzählt. Er selbst habe keine Hinweise auf ein bevorstehendes Attentat gehabt und nicht vermutet, dass der 20-Jährige tatsächlich einen Anschlag begehen werde. Ein weiterer Beschuldigter erklärte in seiner polizeilichen Einvernahme, der spätere Täter habe "die Durchsetzung der Scharia als oberste Gesetzesgrundlage befürwortet" und den Rechtsstaat als "nicht funktionstüchtig" bezeichnet.

Unter den zehn in U-Haft befindlichen Männern, die verdächtigt werden, in die mörderischen Pläne des Attentäters eingeweiht gewesen zu sein bzw. bei Vorbereitungshandlungen geholfen zu haben, gibt es einige, die nach ihrer Festnahme auch aus ihrer eigenen radikalislamistischen Einstellung kein Geheimnis gemacht haben. "Der Islam ist meine Welt. Natürlich würde ich es gern haben, dass die ganze Welt ein großer islamischer Staat wird, aber das ist unreal und Fantasie", erklärte ein 22-Jähriger dem Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Er sprach sich für die Scharia aus. Diese sei eine rechtsgültige Norm, "da brauchen wir nicht drüber diskutieren". Der 23-Jährige war zum Zeitpunkt seiner Festnahme als Zivildiener bei einer karitativen Einrichtung beschäftigt, die sich der Nächstenliebe verschrieben hat. Ein weiterer Verdächtiger erklärte, er würde die Einführung muslimischer Enklaven in Österreich begrüßen.

Bei dem Terroranschlag am 2. November 2020 wurden in der Wiener Innenstadt vier Personen getötet und 23 weitere teils schwer verletzt. Damit ist das Attentat eines der schwersten der jüngeren österreichischen Geschichte. Diskutiert werden mögliche Behördenpannen und ein Terror-Paket zum vorbeugenden Maßnahmenvollzug für terroristische Straftäter. Derzeit beschäftigt sich eine Untersuchungskommission mit der Aufarbeitung des Anschlags. Die Kommission soll dabei drei Berichte abliefern, von denen einer zur Veröffentlichung bestimmt ist. Ein erster Bericht samt chronologischer Darstellung soll binnen vier Wochen vorliegen.