Wer Schulen schließt und Eltern im Homeoffice als Hilfspädagogen heranzieht, muss damit rechnen, dass ihm daraus ein enormer Schaden entsteht – das zeigt eine Rechnung, die die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria im Zusammenhang mit dem Lockdown im Frühjahr angestellt hat. „Wenn man davon ausgeht, dass 1,3 Millionen Kinder zu Hause von den Eltern betreut werden mussten, sind bei der achtwöchigen Schulschließung im Frühjahr insgesamt 121 Millionen produktive Arbeitsstunden verloren gegangen. Dadurch entfielen knapp über sieben Milliarden Euro an Wertschöpfung, das entspricht 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts“, rechnet Hanno Lorenz, Ökonom bei der Agenda Austria, vor.

Abseits vom wirtschaftlichen Schaden hat die wochenlange Schließung der Schulen auch auf die Entwicklung der Kinder Auswirkungen, vor allem auf jene, die im Lockdown zu Hause keine Unterstützung beim „Homeschooling“ erhalten haben. Zeigen werde sich dieser Bildungsverlust vor allem im späteren Erwerbsleben mit einem geringeren Einkommen, betont der Ökonom.

Ist die Regierung für den bevorstehenden Schulstart besser gerüstet? „Keineswegs“, sagt Lorenz, „statt die Lehrkräfte in den Sommermonaten fit für den Umgang mit Computern zu machen, eine Lernsoftware zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass alle Schüler digitale Inhalte nutzen können, wird mit einem Ampelsystem und einem Sonderurlaub für Eltern dafür gesorgt, dass der Schulstart möglichst normal abläuft.“

"Man baut darauf, dass die Eltern das wieder irgendwie schaffen werden", sagt Hanno Lorenz, Ökonom bei der Agenda Austria
"Man baut darauf, dass die Eltern das wieder irgendwie schaffen werden", sagt Hanno Lorenz, Ökonom bei der Agenda Austria © © Markus Rössle



Was fehle, sei ein Notfallplan. „Das Bildungsministerium hat weder entschieden, welche Software bundesweit zum Einsatz kommt, damit im Falle neuerlicher Schulschließungen zumindest ein digitaler Unterricht im Notbetrieb erfolgen kann, noch ist klar geregelt, wie Kinder unterrichtet werden sollen, die in Quarantäne sind. Der Acht-Punkte-Plan für den digitalen Unterricht, den die Regierung Mitte Juni präsentiert hat, ist ein guter Ansatz. Doch statt davon möglichst rasch möglichst viel umzusetzen, um für das kommende Schuljahr gerüstet zu sein, wurde dieser Sommer vergeudet. Und das, obwohl Experten schon seit Monaten vor steigenden Infektionszahlen im Herbst und Winter warnen“, kritisiert Lorenz, „stattdessen baut man scheinbar auch in diesem Schuljahr darauf, dass die Eltern das wieder irgendwie schaffen werden.“

Diese Krise hätte die Chance mit sich gebracht, die Digitalisierung der Bildung voranzutreiben: „Österreich hinkt beim digitalem Lernen Ländern wie Dänemark, Finnland oder Estland hinterher.“ Multimedialer Unterricht gehört dort zum Schulalltag – Bildungsverluste infolge von Schließungen gibt es kaum.