Die USA werden seit Tagen von teils gewaltsamen Protesten erschüttert. Auslöser war der Mord des Afroamerikaners George Floyd durch einen Polizisten. Unter dem Hashtag #BlackLivesMatter geht derzeit eine Welle der Solidarisierung durch Soziale Medien. Weltweit werden der struktureller Rassismus und Polizeigewalt angeprangert.

Der Protest ist mittlerweile auf den Straßen angekommen – nicht nur in den USA sondern auch hierzulande. Ab 17 Uhr bewegt sich heute ein Demozug vom Platz der Menschenrechte vor dem Wiener Museumsquartier über den Getreidemarkt bis zum Resselpark, wo die Abschlusskundgebung stattfindet. Musik kommt von Rapper T-Ser, der vor gut eineinhalb Jahren selbst rassistisch von der Wiener Polizei attackiert wurde und damit Schlagzeilen machte.

Rassismus auch in Österreich Alltag

„Ich glaube, dass einfach zu lange alles unter den Teppich gekehrt wurde. Jetzt durch den Tod von George Floyd ist das explodiert, was schon lange da war“, erklärt Mireille Ngosso die internationale Bewegung. Zudem würden sich viele Black People of Color mit George Floyd identifizieren können. „Ich habe meinen Sohn, meinen Vater, meine Brüder in seinem Gesicht gesehen. Uns verbindet eine Geschichte“, so Ngosso. Die Ärztin und stellvertretende Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt ist Mitorganisatorin der heutigen Demonstration. Mit der Demo bekomme auch die weiße Mehrheitsgesellschaft die Chance, die Ungerechtigkeiten zu sehen und sich dagegen zu engagieren, sagt Ngosso. Es soll sensibilisiert werden, schließlich sind Rassismus und Polizeigewalt nicht nur in den USA ein Problem.

In der Schule, bei der Jobsuche, in der U-Bahn – ein Blick auf die dokumentierten Fälle zeigt, struktureller Rassismus steht auch in Österreich an der Tagesordnung. Die Stelle für Zivilcourage und Anti-Rassismusarbeit ZARA hat alleine 2019 1.950 rassistische Vorfälle bearbeitet. 75 davon standen in Verbindung mit der Polizei. ZARA spricht hier von der Spitze des Eisbergs, es gebe weit mehr Vorfälle als letztendlich dokumentiert werden.

Mehr Verbreitung durch Soziale Medien

Vor allem seit 2017 ist die Zahl der gemeldeten rassistischen Vorfälle stark gestiegen. Das liege auch daran, dass jetzt vermehrt darüber gesprochen wird, sagt Ngosso: „Rassismus ist kein neues Phänomen, nur jetzt haben wir halt die Möglichkeit, Vorfälle zu filmen und sie auf Sozialen Medien zu teilen.“ So werde Rassismus mittlerweile auch für eine breite, weiße Masse sichtbar gemacht, schließlich ziehe er sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche. „Auch in der Politik sieht man zu wenige People of Color. Es bräuchte mehr Vorbilder, denn erst mit Vorbildern kann man Vorurteile abbauen.“

"Es bräuchte Anti-Rassismusplan für die Polizei"

Vergleichen kann man die österreichischen Fälle von Rassismus und Polizeigewalt nicht mit jenen in den USA, die ein Hotspot sind. Aber auch hierzulande sind People of Color durch Polizeigewalt gestorben oder werden diskriminiert. Die an ZARA gemeldeten Vorfälle rassistisch motivierter Polizeigewalt reichen von Beleidigungen über fragwürdigen Anzeigen, bis hin zu schwerwiegenden Misshandlungen. Es bräuchte in der Polizei Strategien, Workshops und einen Anti-Rassismusplan, ist Mireille Ngosso überzeugt. Und mehr Polizistinnen und Polizisten, die selbst Migrationshintergrund haben.

Was die Demo-Organisation betrifft, sei die Polizei kooperativ gewesen. Die Organisatoren rechnen für die erste größere Demonstration seit dem Corona-Lockdown mit 1.000 bis 2.000 Demo-Teilnehmerinnen und Teilnehmern und plädieren für ein friedliches Miteinander: „Es soll kein Kampf zwischen Schwarz und Weiß sein. Im Gegenteil, wir fühlen uns ja auch alle als Österreicherinnen und Österreicher. Es wäre wichtig, dass wir diesen Kampf gemeinsam als Gesellschaft angehen, weil am Ende kämpfen wir ja um die Würde und Gleichberechtigung aller Menschen“.