Klirrende Bierkrüge und klapperndes Besteck werden sich ab heute wieder in die Geräuschkulisse des Praters mischen, wenn die ansässige Gastronomie ihren Betrieb aufnimmt. So darf unter anderem die Familie Kolarik ihre 100. Saison im Schweizerhaus eröffnen – zwei Monate später als geplant. Rundherum wird es aber ruhiger bleiben als sonst um diese Zeit. Denn die Fahrgeschäfte im Wurstelprater müssen weiterhin geschlossen bleiben – zum Unverständnis der Betreiber.

“Es spricht nichts dagegen, aufzusperren”, sagt Silvia Lang, eine der 250 Unternehmer*innen im Prater und Vizepräsidentin des Wiener Praterverbands. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen hat sie bis zuletzt gehofft, wie die Gastronomie schon heute in Betrieb gehen zu dürfen – unter Einhaltung sämtlicher Sicherheitsmaßnahmen.

Wie das funktionieren kann, haben die Schausteller*innen vergangenen Sonntag in einem Probebetrieb ohne Fahrgäste gezeigt. Alle Fahrgeschäfte wurden nach Vorgaben des internationalen Dachverbandes der Vergnügungsparks (IAAPA) mit Desinfektionsmitteln ausgestattet, dazu Mitarbeiter*innen mit Mund-Nasen-Schutz-Masken sowie Einweg- bzw. Stoffhandschuhen versorgt. Zudem wurden in denFahrgeschäften Markierungen angebracht, so darf beispielsweise nur noch eine Person in einer Gondel oder einem Autodrom-Wagen fahren.

Auch mithilfe einer Petition haben die Praterbetreiber versucht, ihrer Öffnungs-Forderung Nachdruck zu verleihen. Knapp 1.400 Personen haben sie bisher unterschrieben. Ursula Lichtenegger, die grüne Bezirksvorsteherin aus der Leopoldstadt, betont, sich sogar im Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober für ein Aufsperren von Riesenrad und Co. am heutigen Freitag stark gemacht zu haben - vergeblich. 

Nun soll es aber am 29. Mai soweit sein. Immerhin, könnte man meinen. Denn das Wiener Veranstaltungsgesetz bezeichnet den Wurstelprater neben dem Böhmischen Prater und dem Breitenseer Ringelspiel als “pratermäßige Volksvergnügung” und damit als “anmeldepflichtige Veranstaltung”. Und Veranstaltungen sind nach aktuellem Stand sogar bis Ende Juni verboten. 

Der wirtschaftliche Schaden für die rund 1.200 Beschäftigten ist jetzt schon groß genug. Teilweise wurden neue Betriebe gekauft, entsprechende Verpflichtungen gegenüber Banken sind die Folge. “Ich kenne Kollegen, die seit November kein Einkommen haben”, sagt Fery Keinrath, selbst Schausteller und Spartenobmann in der Wiener Wirtschaftskammer. Warum keine gleichzeitige Öffnung der Fahrgeschäfte mit der Gastronomie möglich ist, kann auch er nicht nachvollziehen: “Wenn ich heute in den Prater gehe ist es dasselbe, wie wenn ich einen Spaziergang auf der Mariahilferstraße mache. Dort gehe ich in ein Geschäft, hier steig ich auf ein Karussell.” 

Keinrath, der in der Wiener Wirtschaftskammer auch für Kino- und Kulturbetriebe zuständig ist, fordert mehr Tempo von der Politik. “Die Lockerungen müssen schneller vorgenommen werden. Man sieht die Arbeitslosenzahlen ja.” Es gehe aber nicht nur um wirtschaftliche Fragen: “Die Politiker wissen gar nicht, wie wichtig es ist, dass den Leuten wieder eine Abwechslung geboten wird."