Vier Jahre lang hat Maria Großbauer den Wiener Opernball organisiert. Im APA-Interview sprach sie über das beinahe weihnachtliche Gefühl, kurz bevor sich die Türen zum Ballsaal öffnen, warum sich ihr Entschluss aufzuhören, richtig anfühlt und dass der Opernball letztlich "keine Operation am offenen Herzen ist".

Sie betonen in ihrem Abschiedsstatement, dass ihr Rückzug als Opernballorganisatorin vor allem mit dem Ausscheiden von Staatsoperndirektor Dominique Meyer zusammenhängt. Gibt es daneben auch persönlichere Gründe?

Großbauer: Diese Entscheidung ist schon länger in mir gereift - und sie fühlt sich für mich richtig an. Ich empfinde große Dankbarkeit und Freude, dass ich diese so besondere Aufgabe vier Jahre lang übernehmen durfte! Wie bereits gesagt, wollte ich diesen Entschluss noch vor dem kommenden Ball bekannt geben, denn aus Erfahrung weiß ich, dass es nach dem Ball gleich wieder von vorne los geht. Im Sinne des Hauses soll es hier keinen Zeitverlust geben.

Als Tochter des Philharmoniker-Posaunist Karl Jeitler sind Sie seit ihrer frühen Kindheit mit der Oper verbunden. Hat sich Ihr Verhältnis zur Oper jetzt verändert, nachdem Sie vier Jahre so hautnah dabei waren?

Die Opernwelt ist schon von außen betrachtet so eine besondere Welt - aber wenn man so intensiv hinter die Kulissen blicken kann, bleibt einem vor lauter Staunen oft der Mund offen: Welch unglaublicher Aufwand dahinter steckt, wie viele Menschen da mitarbeiten, es ist ein reales Wunderland. Natürlich, im Alltag gibt es überall auch entzaubernde Momente. Aber eigentlich kann ich die Oper heute mehr denn je schätzen.

Sehr auffällig während Ihrer Amtszeit war - zumindest von außen -, dass zwischen Opernball-Lady und Direktion kein Blatt passte. War die Zusammenarbeit mit dem Direktor wirklich so harmonisch? Es gab ja vor Ihnen durchaus auch Konflikte.

Es war und ist tatsächlich so. Dominique Meyer und ich waren und sind ein großartiges Team. Was natürlich immer hilft: wir haben sozusagen die gleiche Wellenlänge. Wir können sowohl über Oper und Musik als auch über Wein miteinander philosophieren, auch übers Kochen. Und deshalb waren wir uns auch immer einig, was wir angehen wollten: Mehr die Oper und die Künstler in den Mittelpunkt stellen, die Kulinarik verfeinern und am "Staatsball" einfach das Beste aus allen Bereichen zeigen. Für mich war klar, dass in einem der besten Opernhäusern der Welt muss es auch einige der weltbesten Weine geben oder das Thema Slow Food vorkommen. Uns war auch klar: ein Ball braucht Feingefühl für die Gesamtzusammenhänge, für gesellschaftliche Aspekte. Und soziales Engagement, denn nicht jeder kann auf einen Ball gehen. Die Vergangenheit zu beurteilen steht mir nicht zu, jetzt war es jedenfalls getragen von Respekt und Freude.

Neben der großen Aufmerksamkeit für die Detailarbeit - sprich Kulinarik, Räumlichkeiten und Musik - haben Sie das Motto "Alles Oper" ins Zentrum gestellt. Warum war das ein Schwerpunkt?

Weil ich es komisch fand, dass es beim Opernball so wenig um Oper ging. Ich komme ja aus der Werbung, war viele Jahre Creative Director in Werbeagenturen und auch selbstständig, und da sucht man immer den berühmten roten Faden und will eine Geschichte erzählen. Meine Geschichte für den Opernball war eben: alles Oper! Sozusagen "verrückt nach Oper": Opernzitate in den Blumen, Opernszenen als Ballräume, Opernfiguren als Tiara-Thema. Auf gewisse Weise wollte ich auch zeigen, wie viel Spaß dieses Genre machen kann und wie vielfältig es ist - für alle jene, die keine Opernexperten sind und trotzdem Opernball schauen. Und natürlich kann man übers Fernsehen nicht alles transportieren und erleben - und ich sage Gott sei Dank! Denn live bleibt immer noch live. Aber wir haben die vergangenen Jahre besonders intensiv versucht, auch dem Fernsehpublikum möglichst viele Details, Räume, Ensembles und versteckte Winkel näher zu bringen - nicht nur die festliche Eröffnung und einige Gäste, sondern einen breiten Eindruck vom gesamten Fest.

Was ist Ihr Opernball-Fazit? Vorgängerinnen von Ihnen hat mitunter der enorme öffentliche Druck zu schaffen gemacht oder - Schlagwort Hass im Netz - auch die Häme, die vor allem via Social Media über sie eingebrochen ist. Haben Sie damit Erfahrung gemacht, besonders auch angesichts Ihres politischen Engagements?

Mein Fazit ist: Der Opernball bleibt für immer in meinem Herzen! Wenn ich daran denke, welch großartige Menschen ich hier auch kennenlernen und zusammenführen durfte, erfüllt mich das mit einer tiefen Freude. Es haben sich mit manchen Partnern über die Jahre auch Freundschaften entwickelt, unerwartet schöne Dinge sind da passiert. Auch wenn man vielen äußeren Einflüssen ausgesetzt ist: am Ende des Tages zählt das, was man selbst daraus macht. Ich sage nicht, dass es jeden Tag einfach war, aber was ist das schon? Ich habe versucht, mir selbst treu zu bleiben. Und manchmal, wenn alles sehr aufgebauscht wurde, muss man sich sagen: es geht hier nicht um Leben oder Tod, wir machen hier keine Operation am offenen Herzen.

Was war Ihr schönster Opernball-Moment und wie ist das Gefühl, dass das nun der letzte Ball sein wird?

Der schönste Moment ist, wenn man im Haus wartet, noch ganz alleine ist, kurz bevor die Türen aufgesperrt werden. Das ist dann ein bisschen wie Weihnachten: wenn man für seine Kinder den Christbaum herrichtet, die Geschenke unter den Baum legt und dann ihre Gesichter und die leuchtenden Augen sieht. Und wir haben den Opernball hergerichtet! Es ist so schön, die Gesichter der Gäste zu sehen. Für manche ist es ein jährliches Highlight, für viele ein "Once in a Lifetime"-Erlebnis. Wie es sich für mich am Ende des kommenden Balls anfühlen wird, kann ich noch nicht sagen. Aber vermutlich - um es mit Jazz zu sagen - bin ich "in a sentimental mood".