Ein eher ungewöhnlicher Benefizabend geht nächste Woche in Wien-Rudolfsheim über die Bühne. Gesammelt wird nicht etwa für eine Wohltätigkeitsorganisation, sondern für Schwangerschaftsabbrüche. Er findet auch nicht in elegantem Rahmen statt, sondern im Ruheraum des Gynmed Ambulatoriums für Schwangerschaftsabbrüche und Familienplanung am Mariahilfergürtel. Man kennt die Werbung vom U-Bahnsteig.

Veranstaltet wird der Abend vom Ambulatorium gemeinsam mit dem Verein für praxisnahe Philosophie. Dessen Obfrau Lisz Hirn sagt, die Idee hinter dem Abend liege in der finanziellen Situation vieler Patientinnen des Ambulatoriums: „Wir wollen aufzeigen, dass der Einschnitt von rund 600 Euro für viele Frauen eine finanzielle Überlebensfrage ist und stellen die Frage, ob nicht die Gesellschaft durch die Krankenkassen für einen Schwangerschaftsabbruch aufkommen sollte.“ Derzeit unterstützt die Stadt Wien nur Mindestsicherungsbezieherinnen mit Hauptwohnsitz in Wien finanziell bei Schwangerschaftsabbrüchen. Im Rest Österreichs sucht man ähnliches vergebens.

Verantwortlich dafür ist die rechtliche Lage. Der Schwangerschaftsabbruch ist eine Straftat. Die Fristenlösung hat 1973 das Verbot zwar abgeschwächt – in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft ist der Abbruch straffrei – die Androhung allein habe aber schon weitreichende Folgen, sagt Christian Fiala, Gynäkologe und Leiter des Ambulatoriums: „De facto traut sich kein Gericht mehr, eine Frau für einen Abbruch zu bestrafen. Gleichzeitig wollen die Krankenkassen sie aber nicht bezahlen, weil sie eben strafbar ist. Und an den Universitäten wird er aus dem gleichen Grund nicht gelehrt," sagt Fiala.

Die Folge sei eine gesellschaftliche Stigmatisierung, die die Selbstbestimmung der Frauen völlig ausklammere: „Frauen brechen eine Schwangerschaft nicht ab, weil sie fahrlässig sind, sondern weil sie über ihren Körper frei bestimmen wollen oder weil ihre Situation es gerade nicht zulässt, etwa weil sie schon Kinder haben,“ sagt die Philosophin Hirn. 

Weil Schwangerschaftsabbrüche nicht meldepflichtig sind, gibt es dazu keine offiziellen Zahlen. Schätzungen gehen von etwa 30.000 Abtreibungen pro Jahr aus. Das wäre eine der höchsten Abtreibungsraten Westeuropas. Gleichzeitig ist die Geburtenrate Österreichs im EU-Vergleich unterdurchschnittlich. Beides liegt für Fiala an der ideologischen Familienpolitik hierzulande. Es brauche evidenzbasierte Maßnahmen sowohl bei ungewollten als auch bei gewollten Schwangerschaften. Das beginne bei Verhütung und Abtreibung und ende bei realitätsnahen Kindergartenöffnungszeiten in ganz Österreich.

Dass Fiala und Hirn diesen Abend ausgerechnet kurz vor Weihnachten veranstalten, ist kein Zufall: "Das ist schon absichtlich so gelegt worden," sagt Hirn, "es ist ein Thema, das wir gerne verdrängen und bei dem wir uns nicht wohlfühlen," dafür solle gerade in der Weihnachtszeit auch Platz sein.