Potenzial für mehr soziale Gerechtigkeit

Die Studienautoren orten durch die "umfassende Strategie zur Reduktion von frühem Schulabbruch" außerdem erhebliches Potenzial für mehr soziale Gerechtigkeit. "Anstelle eines 'more of the same', das bei der durch die Ausbildung bis 18 angesprochenen Zielgruppe nach neun Pflichtschuljahren nicht zum gewünschten Bildungserfolg geführt hat, eröffnet dieser Ansatz alternative Möglichkeiten, einen Abschluss zu erlangen."

Neben Schule und Lehre kann die Ausbildungspflicht nämlich auch etwa durch Angebote der Erwachsenenbildung, Vorbereitungskurse für Externistenprüfungen oder andere Ausbildungen und durch die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erfüllt werden. Die Umsetzung läuft dabei teilweise über ganz niederschwellige Angebote wie das Projekt "Tore für die Zukunft", bei dem das Spielen im Fußballverein mit Berufsorientierung kombiniert wird.

Wo noch nachjustiert werden muss

Nachbesserungsbedarf sehen IHS und öibf etwa bei der überbetrieblichen Ausbildung, für jene, die keine Lehrstelle gefunden haben. Derzeit werde diese "regional und konzeptionell sehr unterschiedlich (erfolgreich) umgesetzt". Maßnahmen wie Schulsozialarbeit und -psychologie, Jugendcoaching am Übergang von der Schule in den Beruf und das Lehrlings- und Lehrbetriebscoaching zur Vermeidung von Abbrüchen sind laut Studie "für die Prävention von Drop-out von hoher Relevanz".

Allerdings gibt es zu wenig davon. Auch die Vernetzung mit Vereinen, Stadtteil- und Grätzlarbeit müsste noch viel umfassender mitgedacht werden, um Bildungsabbruch zu vermeiden. Bei Sonderschulabsolventen wird darauf verwiesen, dass der Besuch einer Regelschule die Chancen auf Fortsetzung der Bildungskarriere deutlich erhöht. Soll die Ausbildungspflicht ein Erfolg werden, müssten die Zuständigen sich außerdem vom Denken in Finanztöpfen und eng interpretierten Zuständigkeiten und Mandaten verabschieden, fordern die Studienautoren.

"Hartnäckige Behörden": der Druck steigt

Bei Nichteinhaltung der Ausbildungspflicht können Strafen bis zu 500 bzw. im Wiederholungsfall bis zu 1.000 Euro verhängt werden. Für Roland Sauer, Sektionschef im Sozialministerium, ist das aber die "ultima ratio", man setze auf Beratung. Bisher mussten die Bezirksverwaltungsbehörden noch nie eine Strafe aussprechen.

Ministerium wünscht sich Bildungspflicht

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Geht es nach dem Bildungsministerium, soll zur Ausbildungspflicht bis 18 bald eine Bildungspflicht dazukommen. Jugendliche sollen dann nicht nach neun Jahren Schulpflicht das System verlassen, sondern erst wenn sie ein Mindestniveau in Lesen, Rechnen und Schreiben vorweisen. Dafür angedacht sind entweder Kursmodule an den Polytechnischen Schulen oder - Angebote aus der Erwachsenenbildung. Mit 18 soll aber auch hier Schluss sein.