Es wuselte in den Räumlichkeiten der Wiener Postsparkasse vor genau 70 Jahren, als an diesem 23. Oktober 1949 erstmals in der Republik auf Sportergebnisse gewettet werden konnte. Toto hieß der neue Spielspaß, 15 Kasterl konnte man ankreuzen. 1, 2, X. Aber nicht nur Fußball war im Programm. Auch Handball, Wasserball, Radball, Hockey, Box- und Ringkämpfe. Oder der traditionelle Ruder-Achter von Wien nach Linz. Die Spiele 13, 14 und 15 wurden jedoch erst herangezogen, wenn von den ersten zwölf welche ausgefallen waren.

Dabei war Totospielen zu Beginn richtig mühsam. Es gab nur wenige Annahmestellen und nicht 5000 wie heute. Man musste die drei Teile des Wettscheins händisch ausfüllen und Quittungsmarken auf die vorgesehenen Felder picken, weil noch keine Barzahlung möglich war. Dann wurde der Wettschein abgestempelt und kam in die Postsparkasse, also quasi in die Datenzentrale, wo eine Hundertschaft an Mitarbeitern jeden einzelnen Schein mit Schablonen auf einen möglich Gewinn überprüfte und die Quittungsmarken kontrollierte.

© Österreichische Lotterien
© Österreichische Lotterien

Lohn: Fünf Schilling pro Stunde

Es waren vor allem Hausfrauen, die so das Wirtschaftsgeld für fünf Schilling pro Stunde aufbesserten. Und Studenten und Pensionisten. Für die Wettscheinbearbeitung und Kapitalermittlung waren täglich zwischen 60 und 450 Mitarbeiter im Einsatz, an Montagen ab 6 Uhr früh bis zu 1100. Doch was passierte an diesem ersten Toto-Montag mit 61.566 gespielten Scheinen und 200.418 Schilling Gesamteinsatz? Kein Zwölfer. Erst in der zweiten Runde war es so weit. Es war eine Frau, der der erste Solo-Zwölfer glückte. Eine junge Lehrerin aus Wien gewann mehr als 43.000 Schilling und damit das 151-Fache ihres Lehrer-Monatsgehalts in Höhe von 284 Schilling. Ein Bier kostete damals im Wirtshaus übrigens 1,35 und ein Kilogramm Brot 1,16 Schilling.

Das Plakat zum Toto-Start
Das Plakat zum Toto-Start © Österreichische Lotterien

Rasante Entwicklung

Toto etablierte sich im Land und war bis zur Einführung von Lotto 1986 konkurrenzlos. Mitte der 1950er-Jahre wurden die Annahmestellen mit Registriergeräten ausgestattet und das Kleben der Quittungsmarken fiel weg. Ende der 1960er-Jahre folgte die Revolution namens Mikrofilmverfahren zur Archivierung der gespielten Scheine. Als bahnbrechend gilt freilich auch die automatische Wettscheinverarbeitung ab 1974 mit Beleglesern. 1991 wurde der Online-Spielbetrieb eingeführt und mittlerweile kann man natürlich auf einem Mobiltelefon Toto spielen. Wobei es seit 2013 nicht mehr um einen „Zwölfer“, sondern um einen „Dreizehner“ geht.

Derzeit werden übrigens bei normalen Runden 7200 Wettscheine mit rund 165.000 Tipps gespielt, in besonders gewinnträchtigen Runden steigt die Zahl auf das Doppelte. Der Rechner ermittelt die Gewinne in zwei Stunden. Und so ist in den 70 Jahren nur eines immer gleich geblieben – 1, 2, X!

Und so gab es in der 12. Toto-Runde des Jahres den wohl verrücktesten Tipp in der 70-jährigen Geschichte:

X 2 X / X 2 X / 2 X 2 / X X 2

Es gab keine einzigen "Tipp 1", ein Steirer hatte auf seinem Wettschein trotzdem die richtige Kombination und gewann rund 1,5 Millionen Schilling.

Sportförderung

Die Geschichte von Toto beinhaltet aber auch eine große Geschichte der Sportförderung. Denn die Motivation, dieses Spiel einzuführen, war die finanzielle Unterstützung des Sports in Österreich. Österreich litt unter jenen Schäden, die der zweite Weltkrieg hinterlassen hatte. Das Land und seine Einrichtun­gen waren zerstört. Ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen war der Sport. Die finanziellen Erfordernisse für seinen Wiederaufbau waren hoch und konnten von Bund, Ländern und Gemeinden nicht aufgebracht werden.

Die rettende Idee hatte seine Wurzeln in England. Dort arrangierten private Unterneh­mungen bereits in den 1920er-Jahren Wetten über den Ausgang sportlicher Wettkämpfe. Eine Idee, die bald auch am europäischen Festland Fuß fasste. So in der Schweiz und in Schweden. In der Schweiz wurde dann der erste "Fußballtotalisator" als "Basler Toto" durchgeführt. Das war im Oktober 1937.

"Amateur-Körpersport"

Schon bald nach Kriegsende kam der Gedanke auf, auch in Österreich ein Sporttoto einzuführen und somit dem, wie es damals hieß, "Amateur-Körpersport" jene Hilfen zu verschaffen, die zu seinem Ausbau und zur Pflege des Jugendsportes erforderlich waren.

Am 18. Dezember 1948 beschloss der Nationalrat das Sporttoto-Gesetz und legte damit den Grundstein für die Einführung von Toto in Österreich. Die erste Toto-Runde gab es (siehe im Artikel weiter oben) am 23. Oktober 1949. Seit 1986 führen die Österreichischen Lotterien Toto durch, und die Sportförderung (mittlerweile der Österreichischen Lotterien) wurde zum Milliardengeschäft.

Anfangs kam der Toto-Reertrag dem Sport zugute, dann war die Sportförderung erst ein fixer, in weiterer Folge ein vom Umsatz der Österreichischen Lotterien abhängiger Betrag. Derzeit variiert die Sportförderung und ändert sich in dem Ausmaß, in dem sich die glücksspielrechtlichen Bundesabgaben der Österreichischen Lotterien gegenüber dem vorletzten Jahr verändert haben; der Mindestbetrag sind 80 Millionen Euro.

Die Sportförderung ist durch § 20 des Glücksspielgesetzes geregelt und beträgt seit der Einführung von Toto im Jahr 1949 mehr als 1,9 Milliarden Euro. Allein seit Gründung der Österreichischen Lotterien im Jahr 1986 sind es mehr als 1,6 Milliarden Euro.