Armut führt zu einem ganzen Bündel an Benachteiligungen bis hin zur Krankheit. Was aber oft noch hinzukommt und die Betroffenen doppelt schädigt, ist die Scham. Die österreichische Armutskonferenz stellte am Freitag in dem von ihr organisierten "Parlament der Ausgegrenzten" in Wien das Motto "Beschämung und Gesundheit" in den Mittelpunkt.

Neue Leitfäden präsentiert

Präsentiert wurden auch zwei Leitfäden für Betroffene und
Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen. "Viele Menschen, die in
schwierigen Lebenslagen sind oder Armutserfahrungen gemacht haben,
kennen Situationen, in denen sie abwertend und schlecht behandelt
werden. Oftmals geschieht das auf Ämtern oder auch in
Gesundheitseinrichtungen, etwa beim Arzt, in Krankenhäusern oder bei
der Erstellung von Gutachten. Diese Erfahrungen von Beschämung gehen
meist nicht spurlos an ihnen vorüber - Kränkungen machen eben auch
krank", stellte die Armutskonferenz in einem der Leitfäden dar.

Soziale Scham sei nicht bloß ein "harmloses persönliches Gefühl".
"Beschämung ist eine soziale Waffe der jeweils Mächtigen", stellten
die Experten fest. Stress sei die Folge, Stress, der erst recht
krank machen könne. Das wirke sich auf höhere Raten bei psychischen
Erkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen und andere Leiden aus.
Empfundene Verachtung sei damit ein echter Risikofaktor.

Maßnahmen auf vielen Ebenen könnten Ausgegrenzten und oft
aufgrund ihrer sozialen Situation Diskriminierten helfen. Darunter:
Begleitdienste ("Mitgehen") für Armutsbetroffene auf Ämter und
Behörden, bei Gutachten und Gesundheitsdiensten. "Behörden und
soziale Einrichtungen müssen in ihrem Leitbild zu Diskriminierung
und Beschämung Stellung beziehen und klare Beschwerdestrukturen
ausweisen", lautet eine weitere Forderung.

Noch viel Luft nach oben

"Sparpakete" und Austeritätspolitik dürften nicht auf soziale Dienste oder
Gesundheitseinrichtungen durchschlagen. Mitbestimmungsgremien von
Nutzern auf Ämtern und Behörden (AMS, Sozialämter, PVA etc.) wären
einzurichten. Niemand sollte gezwungen werden, krank machende
Erwerbsarbeit anzunehmen. Auch zum Beispiel eine bessere Rechtshilfe
und Anwaltschaft gegenüber Ämtern, Behörden und Sozial- und
Gesundheitseinrichtungen müsse gewährleistet werden.

Es gehe aber auch um generelle Einstellungen in Gesellschaft und
Politik, wie die Armutskonferenz darstellt: "In der politischen
Kultur, im öffentlichen Diskurs und in Medien braucht es mehr
Wertschätzung und Respekt. Jeder Mensch ist gleich viel wert - auch
wenn er weniger Geld hat. Verunglimpfungen, Diffamierungen und
Pauschalisierungen müssen stärker bekämpft und aktiv geahndet
werden."