Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere hat heute Grasser die Gelegenheit genutzt, zu den bisherigen Zeugenaussagen Stellung zu nehmen. Er konzentrierte sich eingangs auf die Finanzierungszusage die Mitbieters CA Immo von 960 Mio. Euro für den Kauf der Bundeswohnungen, die Grasser laut Anklage verbotenerweise an den Konkurrenten Immofinanz verraten hat.

Dies bestreitet der Hauptangeklagte Grasser und sieht sich durch die bisherigen Zeugen bestätigt. Die Zahl 960 Mio. Euro sei einerseits völlig irrelevant im Bieterverfahren gewesen, führte er aus. Im übrigen seien die 960 Mio. Euro in der Immobranche bekannt gewesen. Warum dann die Immofinanz an den mitangeklagten Grasser-Freund und -Trauzeugen Walter Meischberger und den ebenfalls angeklagten Lobbyisten Peter Hochegger 9,6 Mio. Euro an Provision für den 960 Mio. Euro-Tipp gezahlt hat, ließ Grasser offen.

Fehlende Protokolle

Anschließend ging Grasser am heutigen 90. Prozesstag auf die entscheidenden Sitzungen für die Vergabe der Bundeswohnungen (u.a. Buwog) ein. Er betonte, dass hierbei eine große Personenzahl anwesend war und zählte einige der Beteiligten auf, wobei sich manche dieser vor Gericht nicht mehr so sicher waren, ob sie dabei waren. Dies ließe sich leicht anhand der Sitzungsprotokolle klären, allerdings wurde für jene Sitzung, bei der ein zweites Bieterverfahren beschlossen wurde, kein Protokoll geführt. Bis heute ist unklar, wer zu der Sitzung am 7. Juni 2004 eingeladen hat. Grasser sagte heute, vermutlich habe der damalige Spitzenbeamte Heinrich Traumüller dazu eingeladen, in Abstimmung mit Lehman Brothers.

Dieses Treffen am 7. Juni 2004 ist insofern für den Prozess zentral, da dort die zweite Bieterrunde beschlossen wurde und ohne einer zweiten Bieterrunde die CA Immo und nicht die Immofinanz den Zuschlag für die Bundeswohnungen erhalten hätte. Wobei laut Vorgaben dann eine zweite Runde durchführen ist, wenn die Angebote eng beieinander liegen. Das war nach der ersten Runde nicht der Fall. In der zweiten Runde bot dann die CA Immo 960 Mio. Euro, die Immofinanz 961 Mio. Euro. Eine dritte Runde gab es nicht. "Das Meeting" am 7. Juni habe die zweite Runde beschlossen, nicht er alleine, sagte Grasser heute.

"Wer kann wo wann wie etwas gewusst haben", stellte Grasser eine rhetorische Frage - und beantwortete dies damit, dass sehr viele Personen etwas gewusst hätten. Neben den Teilnehmern der Sitzung am 7. Juni im Finanzministerium sei auch ein weiter Kreis von Personen beim Bieter CA Immo informiert gewesen. Grasser verwies heute, Donnerstag, einmal mehr auch auf die Rollen von Ex-Landeshauptmann Jörg Haider und Ex-RLB OÖ-Chef Ludwig Scharinger bei der Buwog-Privatisierung, bei der die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich gemeinsam mit der Immofinanz auftrat. Beide können nicht mehr befragt werden, da sie verstorben sind. Laut Meischberger kam der 960 Mio. Euro-Tipp von Haider.

Grasser wiederum spekulierte heute darüber, dass die Verschwiegenheitsklauseln rund um die Privatisierung nicht eingehalten wurden, das würden Zeugenaussagen nahe legen. "Auf der Verkäuferseite war nicht nur ich informiert, sondern sehr viele weitere Personen", so Grasser zu Richterin Marion Hohenecker. Er vermutete heute, dass über 20 Personen alleine auf der Verkäuferseite über den Privatisierungsprozess informiert waren - und es auch Informationsflüsse nach Kärnten gegeben habe. Aber eben nicht durch ihn.

"Es ist völlig falsch, dass die Staatsanwaltschaft sagt, dass nur Grasser weitergegeben haben kann, das ist evident falsch", empörte sich Grasser und verwies auf die Zeugenauftritte vor Gericht. Dabei hätten Rainer Wieltsch und Peter Michaelis, beide in der damaligen Auswahlkommission für die Bundeswohnungen, sogar noch Unterlagen von der Bundeswohnungsprivatisierung gehabt, betonte der Ex-Minister: "Ich hatte keine Unterlagen, bei der Hausdurchsuchung bei mir sind keine derartigen Unterlagen zum Verkauf der Bundeswohnungen gefunden worden."