Zum vierten Mal hat sich am Dienstag ein inzwischen 35 Jahre alter Mann im Zusammenhang mit einer Brandstiftung in der Justizanstalt (JA) Josefstadt am Wiener Landesgericht verantworten müssen. "Es ist der vierte Rechtsgang. Bedauerlich für Sie und bedauerlich für alle", meinte Richter Andreas Böhm eingangs der Verhandlung.

Der gebürtige Algerier hätte im Herbst 2016 nach drei rechtskräftigen Verurteilungen abgeschoben werden sollen. Im Polizeianhaltezentrum (PAZ) randalierte er, weshalb er aus Sicherheitsgründen in die JA Josefstadt verlegt wurde. Dort war er mit dem Haftraum, in dem er untergebracht wurde, nicht einverstanden, weshalb er am 16. Oktober 2016 eine Matratze in seiner Zelle anzündete und seine drei Mitgefangenen am Löschen der Flammen hinderte. Er postierte sich mit einem gezückten Buttermesser vor dem nahe der Zellentür angebrachten Alarmknopf und scheuchte diese weg.

Lebensgefährlich verletzt

Bei dem Feuer wurden die Zellenkameraden des Angeklagten schwer, einer sogar lebensgefährlich verletzt. Dass die Gefangenen nicht binnen weniger Minuten an den Rauchgasen erstickten, war zwei geöffneten Oberlichten zuzuschreiben. Die Betriebsfeuerwehr hatte zuerst Löschversuche durch die Speiseklappe der in Brand gesetzten Zelle unternommen. Ohne Beiziehung der Wiener Berufsfeuerwehr wären die Insassen der Zelle aber wohl kaum zu retten gewesen. Elf Justizwachbeamte mussten nach dem Einsatz mit Rauchgasvergiftungen im Spital behandelt werden. Die angezündete Zelle wurde komplett zerstört. Der Sachschaden machte 50.000 Euro aus.

Dass das Feuer fast zweieinhalb Jahre später immer noch die Strafjustiz beschäftigt, ist mehr als ungewöhnlich. Die Staatsanwaltschaft hatte in diesem Fall zunächst nur Anklage wegen Brandstiftung erhoben. Am Ende der ersten Verhandlung fällte ein Schöffengericht im Mai 2017 ein Unzuständigkeitsurteil. Das Gericht vermeinte nach mehrtägiger Verhandlung, dass Hinweise auf einen zumindest bedingten Tötungsvorsatz vorlagen, weshalb auch der Verdacht in Richtung mehrfachen versuchten Mord zu prüfen sei. Die Anklage wurde daraufhin adaptiert, im August 2017 verneinten im zweiten Verfahren Geschworene den Mordvorwurf, worauf die Berufsrichter das Urteil wegen Irrtums der Laienrichter aussetzten.

Inkriminierter versuchter Mord

Der zweite Schwurprozess ging im Februar 2018 über die Bühne. Erneut wurde der inkriminierte versuchte Mord verworfen, der Algerier wurde wegen Brandstiftung, schwerer Körperverletzung und Nötigung zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Dagegen legte er Rechtsmittel ein. Der Oberste Gerichtshof (OGH) stellte im Herbst fest, dass der Fragenkatalog, der den Geschworenen vorgelegt wurde, mangelhaft war. Das Urteil wurde in Teilen gekippt, die Strafe aufgehoben und eine Neudurchführung des Verfahrens in Teilbereichen angeordnet.

In der vierten Hauptverhandlung geht es jetzt nur mehr um den Vorwurf der Brandstiftung und der Körperverletzung. Dass kein mehrfacher Mordversuch und keine absichtliche schwere Körperverletzung gegeben sind, steht auf Basis der OGH-Entscheidung rechtskräftig fest. In dem zweitägigen Verfahren - das Urteil ist für kommenden Donnerstag geplant - muss jedenfalls eine neue Strafe festgesetzt werden.

"Ich habe Feuer gelegt. Aber ich hatte nicht den Vorsatz, jemanden zu verletzen", betonte der Angeklagte in seiner Einvernahme. Der Mann, der unter einem Alias-Namen nach Österreich gekommen war, war im Dezember 2013 erstmals nach dem Suchtmittelgesetz zu zweieinhalb Monaten bedingt verurteilt worden. Im Jänner 2014 fasste er wegen Einbruchsdiebstahls zwölf Monate, davon drei unbedingt aus. Noch im selben Jahr kassierte er wegen eines Drogendelikts elf Monate, die offenen, zur Bewährung ausgesetzten Vorverurteilungen wurden widerrufen. Am 6. August 2015 wurde er vom Landesgericht Wels vorzeitig bedingt entlassen.