Am Donnerstag ist am Wiener Landesgericht der Prozess um einen sexuellen Übergriff auf eine junge Studentin am Donauinselfest 2017 wiederholt worden. Der Angeklagte - ein 20 Jahre alter Afghane, der als Lehrling in einem Restaurant beschäftigt ist - räumte diesmal ein, er habe "die Situation missverstanden". Vergewaltigen habe er die junge Frau aber keinesfalls wollen.

Das inkriminierte Geschehen hatte sich am 24. Juni 2017 gegen 23.00 Uhr vor bzw. unweit einer großen Bühne am Festival-Gelände abgespielt. Der Angeklagte erklärte einem Schöffensenat (Vorsitz: Daniela Zwangsleitner), er sei aufs Donauinselfest gegangen, "um etwas Spaß zu haben, zu tanzen und Musik zu hören". Es sei "klar, dass man bei so einem Fest eine Dame kennenlernen kann." Ihm sei die Studentin - eine Slowakin, die damals ein Austauschsemester in Wien verbrachte - aufgefallen, die sich zur Musik bewegt hätte. Angeregt von etwas Alkohol und anderen jungen Männern, die ebenfalls Kontakt zum weiblichen Publikum gesucht hätten, habe er die Frau von hinten angetanzt, umarmt, sich an ihren Körper gedrängt und - auch mit den Händen - Nähe hergestellt. "Sie hatte kein Problem damit", behauptete der Afghane. Als er sie auf den Hals und den Mund küsste, habe sie das zugelassen und ihn nicht weggestoßen: "Wenn sie das gemacht hätte, hätte ich das mitbekommen."

"Ich wollte niemandem wehtun", versicherte der Bursche. Und weiter: "Wenn ich die Dame nicht verstanden habe, bekenne ich mich schuldig." Diese hätte ihn aber beim Tanzen ebenfalls geküsst, weshalb er ihr gefolgt sei, als sie sich plötzlich von ihm entfernte: "Ich wollte sie fragen, warum sie weggegangen ist und nicht mehr tanzen möchte."

Beamte in Zivil griffen ein

Der Staatsanwaltschaft zufolge soll die Frau Reißaus genommen haben, weil sie mit dem aufdringlichen Gebaren des jungen Mannes keineswegs einverstanden war, das als geschlechtliche Nötigung zur Anklage gebracht wurde. Die Studentin setzte sich in Richtung eines Treppelwegs ab. Der 20-Jährige folgte ihr, soll sie gepackt, über eine Böschung befördert und in ein Gebüsch gezogen haben, wo er ihr laut Anklage das T-Shirt vom Leib reißen wollte und sich schließlich auf die am Boden Liegende kniete, was der Anklagebehörde zufolge den Tatbestand der versuchten Vergewaltigung erfüllt hat.

Der Frau kamen nämlich rechtzeitig Polizeibeamte zu Hilfe. Mehrere Beamte der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) versahen am Donauinselfest Dienst in Zivil, nachdem es zahlreiche Beschwerden von Besucherinnen und Security-Mitarbeitern über männliche Belästiger gegeben hatte. Zwei Beamten fiel der Angeklagte bereits vor der Bühne auf, indem er in ihren Augen der Slowakin erkennbar gegen ihren Willen zu nahe kam. Aufgrund des Gedränges konnten die Polizisten zunächst nicht einschreiten. Als sich aber die junge Frau entfernte und die Beamten bemerkten, dass ihr der Afghane folgte, setzten sie nach.

Einer von ihnen erkannte dann die für die Frau brenzlige Situation, folgte den beiden ins Gebüsch und konnte den 20-Jährigen von der hilflosen Studentin ziehen. "Sie hatte den Eindruck, er wollte unbedingt Sex", zitierte Staatsanwalt Wolfram Bauer aus den späteren Angaben der Frau. Die Studentin, die längst wieder in ihrer Heimat lebt, wurde mittels einer Videokonferenz als Zeugin befragt. Aus Opferschutzgründen wurde währenddessen die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen.

Sex vor der Ehe verboten

Der Angeklagte bestreitet mit dem Hinweis auf seine Herkunft jedwede sexuelle Absicht. Ihm sei aus kulturell-religiösen Gründen Sex vor der Ehe grundsätzlich verboten. "Es ist reine Spekulation, was jemand gewollt hat", gab Verteidiger Andreas Reichenbach zu bedenken.

In dieser Sache hat es im Vorjahr bereits eine Verhandlung gegeben. Das damalige Urteil - Freispruch von der versuchten Vergewaltigung, 18 Monate teilbedingt wegen geschlechtlicher Nötigung - wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH) wegen mangelnder Berücksichtigung der Aussagen der Polizisten aufgehoben, wobei das Höchst- dem Erstgericht "Aktenwidrigkeit" bescheinigte. Der OGH ordnete daher eine Neudurchführung des Verfahrens an.