„Bitte hier nicht fotografieren, das kann uns arge Probleme einbringen“, ermahnt Major Axel Alber die Journalisten, als sie die Klippe an der Steilküste erklimmen. Von dort aus öffnet sich der Blick auf die Grenzanlagen, die Israel zu seinem nördlichen Nachbarn und Kriegsgegner Libanon hochgezogen hat – und weiter ausbaut. Bis zu neun Meter hoch sind die Befestigungen aus Beton und Maschendraht. „Zur Zeit sind alle sehr nervös“, erzählt der aus St. Stefan im Rosental stammende Kompaniekommandant bei der UN-Truppe im Libanon. Der Grund: Israel hat in der Region drei geheime Tunnel entdeckt und bezichtigt die Hisbollah, Kämpfer und Waffen für Anschläge unter der Grenze hindurch zu schleusen. Der Konflikt birgt Zündstoff zwischen den verfeindeten Nachbarn, die UN-Mission soll die Zerstörung der Tunnel überwachen.

Was das für das 182 Soldatinnen und Soldaten starke 15. Österreich-Kontingent bei Unifil bedeutet? „Auf den Einsatz selbst wirken sich die neuen Spannungen kaum aus“, versichert ihr Kommandant Oberstleutnant Gernot Gierlinger. Für die Truppe besteht weiterhin die Alarmstufe Gelb, das bedeutet leicht erhöhte Sicherheitsmaßnahmen. „Doch es braucht nicht viel, dass etwas passiert“, weiß Gierlinger. Das bekam im August eine italienische Unifil-Patrouille zu spüren. Nachdem die Fahrzeuge von ihren üblichen Route abgewichen waren, wurde der Konvoi von aufgebrachten Bürgern mit Brandsätzen attackiert. Auch Warnschüsse fielen, die Situation konnte schließlich bereinigt werden.

Für die österreichischen Blauhelme im Libanon sind es derzeit stressige Tage. Das neue Kontingent ist eben erst eingetroffen, dazu häufen sich vor Weihnachten die Truppenbesuche bei den insgesamt 10.500 Soldaten aus 43 Nationen. Für die Transportkompanie bedeutet das viele Lotsungen von Delegationen zwischen dem Flughafen Beirut und dem Camp Naquora ganz im Süden. Die Österreicher haben gleich doppelt Besuch: Zwei Tage nach Verteidigungsminister Mario Kunasek kommt heute Bundespräsident Alexander Van der Bellen ins Camp – getroffen hat man sich nicht, abgestimmt offenbar auch nicht. Die österreichischen Soldaten freut's dennoch, damit wird gleich zweimal in der eigenen Betruungseinrichtung „Edelweiß“ traditionell aufgekocht. Das bringt Abwechslung in die Eintönigkeit der internationalen Verpflegung.

Als Paar im Einsatz

„Wenn du länger hier im Einsatz bist, schätzt du erst, wie gut wir es daheim haben. Alles ist sauber, alles funktioniert“, erzählt Christina aus Bruck. Die Milizsoldatin (Im Zivilberuf ist sie Lehrerin) ist eine von sieben Frauen im Kontingent und ist schon das zweite Mal gemeinsam mit ihrem Verlobten Stefan im Libanon. Die beiden kennen sich seit dem Kindergarten, bald soll geheiratet werden. Auch im Einsatz arbeitet das steirische Paar Hand in Hand, es ist für die Treibstoffversorgung der gesamten UNIFIL-Truppe zuständig. Überhaupt sorgen die Österreicher dafür, dass der Blauhelm-Einsatz rund läuft: Kfz-Werkstätten, die ganze Lagerbewirtschaftung, Treibstoff, Transport und die Camp-Feuerwehr sind seit 2011 in rotweißroter Hand. Der Milizanteil ist mit 70 Prozent des Kontingents sehr hoch, 39 der Soldaten kommen aus der Steiermark, 24 aus Kärnten.

Stefan und Christina aus Bruck
Stefan und Christina aus Bruck © Wilfried Rombold

Einer von ihnen ist Zugsführer Kevin Niederkofler aus Ebenthal. Er steuert einen Tankwagen mit 20.000 Liter Treibstoff durch das Einsatzgebiet. „Wenn du mit dem Verkehr hier zurecht kommst, ist Wien nur noch ein Kinderspiel“, scherzt er. In seinem dritten Libanon-Einsatz ist der Jungsoldat ein alter Hase gegen Klaus Steffelbauer. Der ehemalige Militärpolizist aus Eitweg bei St. Andrä ist nach 18 Jahren erstmals wieder in die Uniform geschlüpft, jetzt macht er bei der Camp-Feuerwehr Dienst. Was hat sich seit damals beim Heer geändert? „Da liegen Welten dazwischen“, sagt der Lavanttaler.

Bilaterale Gespräche im Verteidigungsministerium in Beirut
Bilaterale Gespräche im Verteidigungsministerium in Beirut © (c) Pusch

Verteidigungsminister Mario Kunasek hört sich viel bei den Soldaten um. Dabei wird ihm etwa erzählt, dass die Schutzanzüge der Feuerwehrmänner längst erneuert gehören. Den Besuch im Zedernstaat nutzt der Minister auch für politische Gespräche mit seinem libanesischen Amtskollegen. „Ich habe ihm die Teilnahme seiner Soldaten an Traningsprogrammen des Bundesheeres angeboten“, so Kunasek. Mehr bilaterale Kooperation lässt die Neutralität nicht zu. Österreichs Präsenz in der Region soll weiter stark bleiben, sie ist auf mehrfacher Ebene wichtig: Nach dem Golan-Abzug ist der Libanon die einzige große UN-Mission des Bundesheeres.