Der Mord an einer 16-Jährigen in Steyr ist bereits der 33. Frauenmord in diesem Jahr. Frau Rösslhumer, haben Sie als Geschäftsführerin der Frauenhäuser Österreich eine Erklärung dafür, dass extreme Gewalt gegen Frauen immer häufiger wird?

Maria Rösslhumer: Wir sind auch schockiert, Erklärungen gibt es verschiedene. Morde kündigen sich an, oft sind die Männer schon auffällig geworden, wurden aber nicht zur Verantwortung gezogen. Gerade bei Beziehungstaten kommt es dann zu Mordversuchen, wenn Frauen zeigen, sie wollen nicht mehr. Männer rasten aus, der Gedanke dahinter: Entweder sie gehört mir oder niemandem.

Warum sind gerade Frauen häufig von Gewalt betroffen?

Frauen sind in der Gesellschaft noch immer weniger wert. Gleichzeitig leben Männer, die nicht gelernt haben, gleichberechtigt mit Frauen umzugehen, mit der Idee: Männer dürfen Frauen besitzen, haben Macht über sie. Auch die politische Situation hat Auswirkungen: Wir sehen eine Verrohung in der Gesellschaft, das merkt man sehr stark in den sozialen Medien. Dort äußern sich Menschen immer hemmungsloser, jede dritte Frau ist von Internetgewalt betroffen. Der Weg von verbaler Gewalt zur körperlichen Gewalt ist nicht mehr weit. Und es gibt auch politische Vorbilder wie Trump, die sexistische Übergriffe als normal empfinden.

Ist Gewalt gegen Frauen bei Männern aus anderen Herkunftsländern ein noch größeres Problem?

Das kann man nicht pauschal sagen, auch bei Österreichern ist patriarchales Denken stark verankert. Bei Männern aus anderen Ländern kommt aber dazu, dass zwei Welten aufeinanderprallen: Wenn Männer es nicht gewohnt sind, Frauen auf Augenhöhe zu begegnen, empfinden sie die Zurückweisung vielleicht als noch schlimmer.