Im Prozess um Messerstiche nach einem nichtigen Streit im Juli in Wien-Favoriten ist der 36-jährige Angeklagte zu sieben Jahren wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung verurteilt worden. Die Geschworenen verneinten mit 7:1 Stimmen die Anklage wegen versuchten Mordes. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Dem Opfer wurde ein Schmerzengeld von 3.960 Euro zugesprochen. Erschwerend wurden vor allem die neun Vorstrafen des Beschuldigten sowie der Angriff ohne begreiflichem Anlass gewertet.

Ein 39-Jähriger spazierte am 23. Juli mit seiner Freundin durch die Neilreichgasse und besprach mit ihr gerade, was sie abends essen wollen, als er unabsichtlich in den 36-Jährigen rannte. Er entschuldigte sich mehrmals, was der 36-Jährige jedoch nicht gelten ließ. Denn als das Pärchen weiterging, bemerkte die Frau, dass ihnen der Mann nachging und "sich warm machte", wie die 30-Jährige im Zeugenstand berichtete.

Angst machen

Es kam zu einer erneuten verbalen Auseinandersetzung, weil der 36-Jährige eine ordentliche Entschuldigung verlangte, diese aber nicht bekam, erzählte der Angeklagte. "Er sagte, geh scheißen, du Arschloch", so der Beschuldigte. Ein Wort ergab das andere, bis der 36-Jährige, der in Wien als Gärtner arbeitet, ein Klappmesser aus seiner Bauchtasche holte und damit vor dem Körper des 39-Jährigen hin- und herfuchtelte. "Ich wollte ihm Angst machen und ein bisschen verletzen. Aber ich wollte ihn nicht töten."

"Sind Sie ein ausgebildeter Chirurg, dass Sie wissen, wo Sie hinstechen können", fragte der beisitzende Richter Andreas Böhm. "Wenn ich ihn hätte töten wollen, hätte ich mehrfach zugestochen", meinte der Beschuldigte, gegen den eigentlich ein Waffenverbot bestand. "Sie haben mehrfach zugestochen", meinte der Staatsanwalt. Laut Anklage vier Mal.

Das Beweisverfahren dauerte nicht lange, das Geschehen wurde auf Video aufgezeichnet. Wie auf dem Video zu sehen ist, verlor der 39-Jährige bei dem Angriff das Gleichgewicht, er stürzte nach hinten und der Kontrahent stach ihm, als er am Boden lag, in den linken Achselbereich zwischen die Rippen. Der Stich ging in die Lunge, der 39-Jährige erlitt eine Einblutung ins Lungengewebe sowie Schnittwunden am linken Arm und der Hand sowie am rechten Unterarm, laut Gerichtsmediziner Christian Reiter sind dies Abwehr- und Deckungsverletzungen.

Geflüchtet

Ein Paketzusteller, der zufällig mit dem Auto vorbeifuhr, hielt an, stieg aus und trennte die beiden. Daraufhin trat der 36-Jährige die Flucht an. Dem Zulieferer ist es vermutlich zu verdanken, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Dass bei dem Vorfall eine Waffe im Spiel war, erkannten zunächst weder Opfer noch Zeugen. "Ich hab' erst später gemerkt, dass ich blute. Bei meinen Füßen wurde es plötzlich ganz warm", schilderte der 39-Jährige dem Schwurgericht unter Vorsitz von Patrick Aulebauer. Er war dem Kontrahenten noch nachgelaufen, doch bekam er aufgrund der Lungenverletzung bald keine Luft mehr.

"Er war käseweiß im Gesicht und ist am Boden gelegen", sagte seine Freundin. Nur eine fünfstündige Not-Operation rettete ihm das Leben. Im Zeugenstand tat der Attackierte die Sache eher ab und nahm die Entschuldigung des Angeklagten an. "Passt schon. War eine dumme Geschichte", sagte er. Der 39-Jährige schloss sich dem Verfahren an und verlangte 3.960 Euro Schmerzengeld, was der Beschuldigte - vertreten von Philipp Winkler - anerkannte.

Der 36-jährige Angeklagte, der aufgrund seiner Drogensucht im Alter von 16 Jahren zum ersten Mal straffällig wurde, sich aber in den vergangenen vier Jahren nichts mehr zuschulden kommen ließ, schmiss das Messer weg und lief davon. Zwei Wochen später wurde er an seiner Arbeitsstelle festgenommen, da man aufgrund einer DNA-Spur auf den Verdächtigen kam.