Geht es nach der oberösterreichischen Landesregierung, sollen alle Schüler in Österreichs Schulen verpflichtend Deutsch sprechen – auch dann, wenn sie gerade in der Pause sind. Diese Forderung wurde von der oberösterreichischen FPÖ erneuert und wird auch vom Koalitionspartner ÖVP auf Landesebene mitgetragen. Ein von der FPÖ in Auftrag gegebenes und jüngst vorgelegtes Rechtsgutachten komme zu dem Schluss, dass eine Deutschpflicht auch abseits des Unterrichts durchsetzbar sei.

Eine entsprechende Umsetzung ist Bundessache, doch Bildungsminister Heinz Faßmann erteilte dem Anliegen eine klare Absage. Denn der mit der Causa befasste Verfassungsdienst kommt zu einem anderen Ergebnis. Demnach wäre ein solches Gebot "sachlich nicht gerechtfertigt", sagt Faßmann. Es gebe klare verfassungsrechtliche Bedenken.

Während Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) das Nein aus Wien bedauert, aber akzeptiert, ist sein Stellvertreter auf FPÖ-Seite, Manfred Haimbuchner, erzürnt und unterstellt Faßmann ideologische Beweggründe. Die FPÖ versucht seit 2010, im Landtag die verpflichtende Verwendung der deutschen Sprache auch in den Pausen durchzusetzen. Acht Anträge – drei davon gemeinsam mit der ÖVP – sind gescheitert.

Auch die praktische Umsetzung eines solchen Gebots ist nicht geklärt. Faßmann: „Wie stellt man sich das vor? Der Klassenlehrer geht wie ein Spitzel in der Pause herum und kontrolliert, wie die Schüler sprechen?“ Für FPÖ-Klubchef Herwig Mahr ist diese mit ironischem Unterton versehene Frage des Bildungsministers „völlig inakzeptabel“. In Oberösterreich wolle man sich wieder auf eine Lösung auf Landesebene konzentrieren. Stelzer spricht davon, die deutsche Sprache auf freiwilliger Basis in den Hausordnungen der Schulen zu verankern. Bei Missachtung solle nicht gestraft werden, vielmehr solle die Einhaltung des Gebots belohnt werden.

Situation in der Steiermark

Geteilt sind die Meinungen in der Steiermark. Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner (ÖVP) kann einer Deutschpflicht etwas abgewinnen – wenn auch nicht generell: "Ich plädiere für Deutsch in der Pause für alle Kinder an einigen ausgewählten Standorten", sagt sie. Die Maßnahme müsste "wissenschaftlich begleitet und dann präzise analysiert" werden – um festzustellen, ob die Kinder ihren Sprachschatz schneller erweitern, wenn sie in der Schule nur Deutsch sprechen.

Jede Maßnahme müsse ausgeschöpft werden, Kindern beim Erlernen der Unterrichtssprache zu helfen, so Meixner. Die Diskussion in Oberösterreich und die Reaktion des Ministers will sie nicht kommentieren.

Bildungslandesrätin Ursula Lackner (SPÖ) hingegen lehnt ein Deutschgebot in den Pausen gänzlich ab: "Über diese Forderung kann ich nur den Kopf schütteln – weil sie nicht umsetzbar ist und noch viel mehr, weil sie sinnleer ist." Kindern ihre Muttersprache zu verbieten, richte enormen Schaden an: "Nur wenn ich meine Erstsprache beherrsche und pflege, kann ich eine andere Sprache lernen." Und Lackner: "Welche fremdsprachenfreien Zonen definieren wir als Nächstes? Die Straßenbahn?"

Die Landesrätin vertraut bei dem Thema "auf die Kompetenz der Schulleiter, mit Mehrsprachigkeit umzugehen". Sie habe für die Schulen Unterstützungsmaßnahmen initiiert.

Situation in Kärnten

In Kärnten ist man durchwegs auf Linie des Ministeriums, das Nein Faßmanns sei zu begrüßen. „Der Vorschlag ist weder für die Integration förderlich noch sonst in irgendeiner Form seriös oder verantwortungsbewusst. Unsere Kinder sollen andere Kulturen und Sprachen kennen- und verstehen lernen“, sagt Landeshauptmannsprecher Andreas Schäfermeier. Wer heute noch immer nicht begriffen habe, dass Mehrsprachigkeit ein unschätzbarer Vorteil ist, der sei offenbar in der Vergangenheit stecken geblieben. „Kärnten ist mehrsprachig und nicht einsprachig“, sagt Schäfermeier. Abgesehen davon wolle die FPÖ mit dieser „polit-steinzeitlichen Idee“ nur von der geplanten Abschaffung der Notstandshilfe ablenken.

Als „pädagogisch wertlos“ bezeichnet Bildungsdirektor Robert Klinglmair eine verpflichtende Sprache für den Schulhof. Man wisse weder, wie man die Einhaltung kontrollieren sollte, noch, wie man Verstöße sanktionieren könne. „Das ist einfach nicht durchführbar. Sprache und Bildung sind ein wesentlicher Faktor für Integration. Dafür verfolgen wir auch zahlreiche Maßnahmen und Konzepte. In der Pause sollte aber jeder Schüler das Recht haben, sich in der Sprache seiner Wahl zu unterhalten“, sagt Klinglmair. Zudem sei der Anteil an Migranten in Kärnten im bundesweiten Vergleich ohnehin sehr gering.

Nichts abgewinnen können einer verpflichtenden Schulhofsprache auch Ilse Fina und Gerlinde Kranner. Die Direktorinnen der Volksschule St. Ruprecht in Klagenfurt und der Khevenhüller-Schule in Villach haben einen besonders hohen Anteil an Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache in ihren Klassen. Deutsch würde hier deshalb oft zwangsläufig zur gemeinsamen Sprache führen. „Ein guter Zugang zur Muttersprache ist auch ein guter Zugang zur Bildungssprache“, sagt Fina. Man müsse den Schatz der Muttersprache auch als solchen sehen. Abgesehen von der nicht umsetzbaren Kontrolle sei eine Deutschpflicht auch pädagogisch nicht sinnvoll. „Man würde das Kind damit mundtot machen. In meinen Augen sprechen wir hier von einem Menschenrecht“, sagt Kranner.

Die Wichtigkeit der Bildungssprache Deutsch sei damit nicht infrage gestellt. Immerhin spreche man bei den Pausen von lediglich 20 Minuten des gesamten Schultages.