Am Freitag ist am Wiener Landesgericht der Prozess gegen einen Rechtsanwalt eröffnet worden, der laut Anklage 15 Sparbücher mit einer Gesamteinlage von 191.000 Euro veruntreut haben soll. Der Jurist versicherte, er hätte diese von einer betagten älteren Dame noch zu deren Lebzeiten geschenkt bekommen. Die Verhandlung wurde auf Ende November vertagt.

In dem Verfahren geht es um das Vermögen einer im November 2015 verstorbenen Frau. Weit nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens zeigte die Alleinerbin - eine inzwischen 73 Jahre alte Pensionistin - den Anwalt an. Sie behauptet, sie hätte im Februar 2016 in drei Akten-Ordnern insgesamt 24 Sparbücher der Verstorbenen gefunden, diese allesamt dem Anwalt übergeben und sei in weiterer Folge immer wieder vertröstet worden, als sie diesen aufgefordert hätte, die Sparbücher dem Notar zu übermitteln.

"Ich habe ihm das vertrauensvoll gegeben in der Hoffnung, dass das richtig abgewickelt wird", bekräftigte die 73-Jährige nun vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Magdalena Klestil-Krausam). Auf ihr wiederholtes, zuletzt sogar tägliches Insistieren hin, was nun mit den Sparbüchern sei, habe ihr der Anwalt erklärt, diese wären bei ihm "gut verwahrt".

Der Anwalt wies diese Darstellung zurück und beteuerte, er sei von der alten Dame persönlich mit insgesamt 15 Sparbüchern beschenkt worden. Er hatte sie anlässlich der Auflösung ihrer Wohnung und Übersiedlung in ein Seniorenheim kennengelernt. Als er ihr erzählte, dass er sich vor allem um Jugendwohlfahrts-Agenden kümmere, habe sie sich dafür sehr interessiert und emotional bewegt gezeigt, schilderte der Angeklagte. Bei einem weiteren Besuch "hat sie mir die Sparbücher in die Hand gedrückt und gemeint, ich soll schauen, dass möglichst viele Kinder nach Hause kommen".

"Sie hat das als Geschenk definiert", bekräftigte der Angeklagte. Für ihn sei das "sehr berührend" gewesen, zumal er für seine berufliche Tätigkeit oft "sehr angefeindet" würde.

Sparbücher sofort aufgelöst

Einen Tag nach dem Ableben der Frau begann der Jurist mit dem Auflösen der Sparbücher. Seinen Angaben zufolge griff er damit vor allem seinen Söhnen finanziell unter die Arme und erstand Winterreifen für seinen Oldtimer ("Die waren sehr teuer"). Auf die Frage der Richterin, weshalb er der Alleinerbin nichts von den Sparbüchern gesagt hätte, meinte der Anwalt, er habe der alten Dame Stillschweigen versprochen. Die 73-Jährige hätte sich zwar sehr um die gebrechliche Frau gekümmert, sei von jener aber als "gierig" bezeichnet worden.

Die Beweiswürdigung dürfte sich für das Gericht insofern schwierig gestalten, als die 73-Jährige im Zeugenstuhl einen teilweise verwirrten Eindruck hinterließ und äußerst widersprüchliche Angaben machte. So behauptete sie plötzlich, "schon lange" von Sparbüchern gewusst zu haben, obwohl sie diese erst nach dem Tod der Besitzerin gefunden haben will. Die Fragen, weshalb sie diese nicht direkt dem Notar überbrachte, sondern dem Anwalt überließ, und weshalb sie erst im Jänner 2018 gegen letzteren Anzeige erstattet hätte, konnte sie nicht schlüssig beantworten. Daraufhin wurde vertagt, um weitere Zeugen befragen zu können.