Der Fall erinnert an die Autokratzerin aus Graz: Ein offenbar selbst ernannter Parkwächter ist am Donnerstag bei einem Prozess in Salzburg zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung nicht rechtskräftig verurteilt worden. Der 71-jährige Bewohner eines Mehrparteienhauses in Salzburg hat dem Urteil zufolge vier Autos beschädigt. Laut Anklage war er der Ansicht, dass die Fahrzeuge vor dem Gebäude unberechtigt abgestellt waren.

Der nicht geständige Pensionist soll insgesamt neun Autos 2017 und 2018 zerkratzt und auch Reifen aufgestochen haben. Angezeigt wurden gar 106 angebliche Sachbeschädigungen an Autos seit dem Jahr 2006 in dem Wohnviertel an der Innsbrucker Bundesstraße. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft seien neun Fakten aufgrund von Zeugenaussagen und Videoaufzeichnungen belegbar. "Einmal wurde auch ein Scheibenwischer abgerissen", sagte Staatsanwalt Mathias Haidinger bei der Verhandlung am Landesgericht Salzburg. Der Gesamtschaden beläuft sich auf rund 10.000 Euro.

Zwei Zeugen gaben vor der Polizei an, den Salzburger bei der Tat beobachtet zu haben. Richterin Daniela Breitenberger konfrontierte den Angeklagten auch mit den Videos. Darauf ist zu sehen, wie der Pensionist zu den mutmaßlichen Tatzeiten an parkenden Autos vorbei marschiert und einen Gegenstand in der Hand hält. Warum er nicht am Gehsteig, sondern straßenseitig, wo Kratzer an Autos festgestellt wurden, gegangen sei, wollte die Richterin wissen. Er habe nur eine Abkürzung wie viele andere Anrainer gewählt, rechtfertigte sich der Salzburger. Er sei es jedenfalls nicht gewesen, der die Autos beschädigt habe, beteuerte er.

Die Richterin ließ nicht locker. Warum habe er sich als Parkplatzwächter aufgespielt, wenn er doch nur in einer Mietwohnung lebe und keinen Besitzanspruch auf die Parkplätze vor dem Haus habe? Außerdem seien die Parkplätze nicht jeder einzelnen Wohnung zugeteilt, sagte Breitenberger. Und wer gebe ihm das Recht, eine Öse in die Asphaltfläche einzubohren, damit er sein Fahrrad zwecks Reservierung der Fläche dort abstellt? "Was soll ich darauf sagen, Frau Richterin", antwortete der Beschuldigte wortkarg.

Zu Prozessbeginn machte die Richterin den Vorschlag einer Diversion. Dafür müsse er aber eine Verantwortung für den Fall übernehmen und den Schaden wiedergutmachen, sagte sie zum Angeklagten. Doch nach einem kurzen Gespräch mit seinem Verteidiger Bernhard Heim lehnte der Pensionist ab. Verurteilt wurde der Mann schließlich wegen jener Fakten, die aus Sicht der Richterin durch die Zeugenaussagen und Videos eindeutig nachweisbar seien. Von den restlichen Vorwürfen wurde er freigesprochen. Weder Staatsanwalt noch Verteidiger gaben eine Erklärung ab. "Seit eine Zeugin Ende März 2018 den Pensionisten unmittelbar beim Zerkratzen eines Audis gesehen und ihn angesprochen hat, sind keine Anzeigen mehr bekannt", sagte Rechtsanwalt Hermann Bogensperger, der den Besitzer des Pkw vertrat.