Jeder fünfte Österreicher hat ein Testament gemacht, hat eine Umfrage mit 1.500 Teilnehmern im Auftrag der Notariatskammer ergeben. Viel Unwissen herrscht über die neuen Formvorschriften, die mit der Erbrechtsreform 2017 verschärft wurden - nur zwölf Prozent schätzen ihre Kenntnisse diesbezüglich als sehr bis eher gut ein. 62 Prozent haben wenig bis keine Ahnung, wie ein Testament auszusehen hat.

Das Testament rangiert im Vergleich mit anderen vorsorglich getroffenen Maßnahmen wie Lebensversicherung (52 Prozent), Sparbuch (47 Prozent) und Pensionsvorsorge (42 Prozent) mit rund 20 Prozent auf Platz vier. "Sehr viele Menschen haben Ängste, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen", meinte Markus Kaspar, Notar in Wien und Sprecher der Österreichischen Notariatskammer, gegenüber der APA. Es geht um die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit, etwas, woran man meist nicht denken will. Einen Anstoß, sich zu überwinden, liefert der Internationale Tag des Testaments am 13. September.

"Der Tod hat keine Altersgrenze"

Je älter die Österreicher sind, desto eher haben sie eines: Bei den 40- bis 50-Jährigen liegt der Anteil bei 17 Prozent, bei den 61- bis 70-Jährigen beträgt er rund 30 und darüber in etwa 40 Prozent. Man sollte die Errichtung nicht automatisch auf spätere Lebensabschnitte verschieben, sagte Kaspar. "Der Tod hat keine Altersgrenze." Der passende Zeitpunkt hänge von der Lebenssituation ab. "Wenn Vermögenswerte wie Häuser, Wohnungen, Grundstücke vorhanden sind, wenn es minderjährige Kinder gibt, Kinder aus Vorbeziehungen oder wenn Unternehmen im Spiel sind, ist es ratsam, sich dem Thema zu widmen."

Bei den Gründen für ein Testament führt mit 47 Prozent die Aussage "Es gibt mir ein gutes Gefühl der Ordnung". 41 Prozent der Befragten möchten Streit unter den Angehörigen vermeiden. 40 Prozent wollen die Aufteilung nicht dem Zufall überlassen. 13 Prozent meinen, dass die gesetzliche Erbfolge nicht ihren Wünschen entspricht. Für Kaspar zählt vor allem eines: "Rechtssicherheit."

Große Auseinandersetzungen vorprogrammiert

Der Nachlass solle zumindest so weit geregelt sein, "dass der Leitgedanke da ist, wer was bekommen soll". Der Notar gab zu bedenken: "Jede zweite Ehe wird geschieden, oft sind Kinder aus verschiedenen Vorbeziehungen da - wenn das nicht geregelt ist, kommt es zu den großen Auseinandersetzungen." Besonders wichtig sei ein Testament für nicht verheiratete Paare, wo der Partner trotz einiger rechtlicher Änderungen weiter "nicht wirklich abgesichert" sei. "Es gibt die Fälle, wo die Lebensgefährtin nach 20 Jahren aus dem Haus ausziehen muss, weil die Kinder aus erster Ehe darauf bestehen."

In Oberösterreich haben 39 Prozent der Befragten ein Testament, gefolgt von 27 Prozent in Vorarlberg. Schlusslicht ist Tirol mit 15 Prozent. Für die Bundesländer-Unterschiede hat die Kammer auch keine Erklärung, generell gebe es wohl ein Stadt-Land-Gefälle. "In der Großstadt denkt man vielleicht nicht so sehr daran, auch deshalb, weil nicht immer Eigentum vorhanden ist in Form von Immobilien. Im ländlichen Gebiet ist die Eigentumsbildung insofern doch größer."

Digitaler Nachlass

Neuland ist der digitale Nachlass. Noch unklar seien die Auswirkungen eines Urteils des deutschen Bundesgerichts in Karlsruhe vom Juli, demzufolge die Social-Media-Accounts eines Verstorbenen in die Gesamtrechtsnachfolge übergehen. Das Urteil sei auch für Österreich bedeutend und "richtungsweisend insofern es sagt, Digitales ist vererbbar", meinte Kaspar. Man müsse aber erst sehen, wie die Anbieter, also Facebook, Google & Co., darauf reagieren.

Grundsätzlich sei wichtig, dass der Erblasser Passwörter und Nutzernamen auffindbar hinterlegt. Und dass sich künftig jeder für sich auch darüber Gedanken macht, was mit seinen Online-Accounts und deren Inhalten passieren soll. Regelt man den digitalen Nachlass nicht, könnten laut Kaspar Vermögenswerte unerkannt bleiben oder Kosten anfallen, weil Internetdienste weiter laufen.

Wie verfasst man ein Testament, damit es gültig ist?

  • Ein Testament ist ungültig, wenn die Zeugen nicht direkt auf der Urkunde unterschreiben, hat der Oberste Gerichtshofs (OGH) kürzlich im Zusammenhang mit einem Erbschaftsstreit in Vorarlberg festgehalten. Die 2017 in Kraft getretene Erbrechtsreform soll solche fremdhändig oder mit dem Computer geschriebene Dokumente fälschungssicher zu machen.

"Wer die neuen Formvorschriften missachtet, riskiert die Ungültigkeit", warnte der Kaspar.

  • Das ist jetzt Vorschrift: Die letztwillige Verfügung muss vom Verfügenden in Gegenwart von drei gleichzeitig anwesenden Zeugen eigenhändig unterschrieben und mit einem eigenhändig geschriebenen Zusatz versehen werden, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält. Dieser könnte lauten: "Diese Urkunde enthält meinen letzten Willen" oder "Mein Wille", "Das will ich" oder "So soll es sein". Ein Zusatz wie "ok" wäre unzureichend.
  • Die Identität der Zeugen muss klar hervorgehen. Dafür sind deren Vor- und Familienname sowie das Geburtsdatum oder die Adresse erforderlich. Diese Angaben können auch fremdhändig geschrieben werden. Der Betreffende muss aber selbst unterschreiben und einen eigenhändigen Zusatz mit Bezug auf seine Zeugenschaft anfügen, etwa "als Zeuge der letztwilligen Verfügung" oder "als Testamentszeuge". Ort und Datum anzuführen ist ratsam, das Dokument aber auch ohne wirksam.
  • Laut OGH müssen das Testament und die Unterschriften eine Einheit bilden. Im inkriminierten Fall hatten die drei Zeugen auf einem losen Blatt unterschrieben, das später mit einer Büroklammer mit der Testamentsurkunde zusammengefügt wurde. "Das dürfte wirklich ein ausgerissener Fall gewesen sein", meinte Kaspar dazu. "Ob grob oder leicht fahrlässig, schlampig oder böswillig, kann ich nicht sagen." Um solchen Problemen vorzubeugen, könnte jedes Blatt unterschrieben werden. Oder man vertraut sich dem Profi an: "Im Notariat kann ich es binden und siegeln", sagte Kaspar.
  • Weiterhin gibt es die eigenhändige letztwillige Verfügung. Sie muss vom Erblasser zur Gänze eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Zeugen braucht man dafür nicht. Diese Variante sei dann "unproblematisch, wenn es eine einfache Verfügung ist", meinte der Notar. Wichtig ist, für die Auffindbarkeit zu sorgen. Eine Möglichkeit ist die Hinterlegung bei einem Notar, der auch für die Aufbewahrung im Zentralen Testamentsregister sorgt. Derzeit liegen dort mehr als 2,3 Millionen Dokumente.

Beim Verfassen eines Testaments vertrauen laut einer Umfrage im Auftrag der Notariatskammer 52 Prozent der Befragten einem Notar. 21 Prozent sind der Meinung, dass ein Testament keinen fixen Rahmen braucht, 19 Prozent suchen Vorlagen im Internet. 16 Prozent kontaktieren einen Rechtsanwalt, neun Prozent informieren sich bei Verwandten und Bekannten. Ein Prozent wendet sich an einen anderen Experten, fünf Prozent erstellen grundsätzlich kein Testament. Eine einfache Testamentserrichtung beim Notar schlägt mit in etwa 300 bis 400 Euro zu Buche.